Dienstag, 19 November 2013 09:06

Nationalpark Stifserjoch - Ornithologisches Inventar Der Bestand der Vogelarten vom Wald bis zu den alpinen Rasen

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297B4Wolfgang Platter, am Tag der Heiligen Elisabeth von Thüringen, 19. November 2013

Der weltweite Schwund an pflanzlichen und tierischen Arten ist eine Folge der Lebensraumverschlechterung für viele Arten. Der Verlust der Qualität und Eignung des Lebensraumes ist dabei häufig vom Menschen bedingt. Der Abnahme der Biodiversität gilt zunehmend die Aufmerksamkeit der Forscher. Der Begriff „Biodiversität“ wurde in den 1980er-Jahren geprägt. „Biological diversity“ wurde von Thomas Loveloy eingeführt und „biodiversity“ von Rosen (1985). Spätestens seit der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung, die 1992 in Rio de Janeiro stattgefunden hat, bekennen sich die meisten Staaten zum Schutz der Biodiversität. Bekenntnis und Realität klaffen oft aber auseinander.


197B2Wissenschaftlich gesehen beinhaltet der Begriff Biodiversität drei Organisationsebenen:
•    die genetische Ebene als genetische Vielfalt innerhalb der Individuen, zwischen den Individuen einer Population sowie zwischen den Populationen;
•    die organismische Ebene umfasst die Vielfalt der Arten (Unterarten, Arten, Gattungen, Familien);
•    die ökosystemare Ebene bezieht sich auf die Vielfalt an Lebensgemeinschaften von Arten und deren Wechselbeziehungen.
Der Nationalpark Stilfserjoch beteiligt sich mit den drei anderen Nationalparken des italienischen Alpenbogens Gran Paradiso, Val Grande und Dolomiti Bellunesi an einem gemeinsamen Monitoring der Biodiversität in alpinen Lebensräumen. Das Projekt hat im Frühsommer 2013 begonnen und wird vom italienischen Umweltministerium mit zweckgebundenen Budgetmitteln finanziert.
Neben verschiedenen Ordnungen der Insekten und anderer wirbelloser Tiere gilt auch die Klasse der Vögel als guter Anzeiger (Indikator) von Biodiversität. Nunmehr liegen die ersten Ergebnisse zum ornithologischen Monitoring auf repräsentativen Probeflächen im lombardischen Anteil des Nationalparks vor. Im heutigen Beitrag möchte ich einige Ergebnisse der Felderhebungen unseres Mitarbeiters Enrico Bassi vorstellen.

Methodik
035B1Im lombardischen Parkanteil wurden in den Höhenstufen vom subalpinen Nadelwald bis zu den Rasengesellschaften in der alpinen Stufe zwischen einer Meereshöhe von 1.400 bis 2.600 m 30 Probeflächen ausgewählt. Dabei hatten die Probeflächen Kreisform mit einem Halbmesser von 100 Metern, was eine Beobachtungsfläche von je 3,14 Hektar ergibt. Für das ornithologische Monitoring wurden im Zeitraum zwischen 13. Mai und 13. Juli auf jeder Probefläche zwei Erhebungen der Vogelarten durchgeführt. Dabei wurden in einem Zeitintervall von 20 Minuten die gesehenen und gehörten Vogelarten aufgezeichnet. Die Beobachtungszeit lag dabei stets in den Morgenstunden bis vier Stunden nach Tagesanbruch. Während insgesamt 18 Beobachtungstagen im Feld konnten 76 Vogelarten erfasst werden. In den Aufzeichnungen wurde nach Geschlecht, Alter und Aktivität der Vögel unterschieden (Männchen, Weibchen, flügge oder nicht flügge Junge, Jungvögel, Brutaktivität).
Insgesamt sind im gesamten Gebiet des Nationalparks Stilfserjoch bis heute 178 Vogelarten beobachtet und beschrieben worden.

Ergebnisse
165B1 Davide AdamoliVon den insgesamt 76 auf den 30 Probeflächen beobachteten Vogelarten sind 75 als Brutvogelarten zu betrachten, während ein Exemplar eines Wespenbussards als verspäteter Durchzügler eingeordnet werden kann.
Die am häufigsten beobachteten Arten gehören alle zur Ordnung der Sperlingsvögel (Passeriformes). Der Buchfink wurde auf den 30 Probeflächen bei den zwei Wiederholungen 70 mal registriert, die Tannenmeise 53 mal, der Steinschmätzer 52 mal, der Bergpieper 51 mal, Birkenzeisig und Hausrotschwanz je 42 mal. Diese Arten sind als allgegenwärtig und überall verbreitet anzusehen. In der Fachsprache spricht man von ubiquitären Arten.
Im Gegensatz wurden 12 Arten nur jeweils einmal an den insgesamt 18 Tagen im Feld beobachtet. Die folgenden Arten sind daher als selten zu betrachten, an einen bestimmten Lebensraum oder einen eingeschränkten Höhenbereich gebunden: Habicht, Blaumeise, Schwanzmeise, Steinhuhn, Mauerläufer, Schwarzspecht, Dorngrasmücke, Rauchschwalbe, Sperber, Braunkehlchen, Star, Zitronenzeisig.
Acht von den 76 beobachteten Vogelarten (gleich 10,5%) von der subalpinen bis zur nivalen Höhenstufe gehören zu den sogenannten prioritären Arten gemäß Anhang I der Vogelschutzrichtlinie 2009/147 der Europäischen Gemeinschaft. Es sind dies Steinhuhn, Schwarzspecht, Dreizehenspecht, Wespenbussard, Bartgeier, Steinadler, Sperbergrasmücke und Neuntöter.

 

Info Biodiversität

Wie viele Arten gibt es (weltweit) überhaupt?
Der Baseler Universitätsprofessor und Forscher Dr. Benno Baur schreibt in seinem UTB-Taschenbuch „Biodiversität“ (2010) zur Biodiversität der Arten: „Unsere Kenntnisse über die einzelnen Artengruppen sind sehr unterschiedlich. Große, auffällige Organismen und solche von wirtschaftlicher oder medizinischer Bedeutung (Schädlinge, Krankheitserreger) sind relativ gut erforscht. Riesige Wissenslücken gibt es hingegen bei kleinen, eher unscheinbaren Organismen und solchen, die Lebensräume bewohnen, welche für Menschen schwer zugänglich sind (Boden, Tiefsee, Kronendach des tropischen Regenwaldes). Momentan sind etwa 1,8 Millionen Arten bekannt. Bei den Pflanzen dürfte ein großer Teil der Arten entdeckt und beschrieben sein. Bei den Mikroorganismen (Prokaryoten), Pilzen und verschiedenen Gruppen von wirbellosen Tieren ( Würmern, Milben, Insekten) ist hingegen nur ein Bruchteil der wissenschaftlich zu erwartenden Arten beschrieben. So wird beispielsweise angenommen, dass bisher nur 1% der Mikroorganismenarten bekannt ist. … Nach neueren Schätzungen liegt die Gesamtzahl der Mikroorganismen, Pilze, Pflanzen und Tiere auf der Erde in der Größenordnung von 10 - 20 Millionen Arten…. Derzeit werden jährlich etwa 15.000 neue Arten wissenschaftlich erfasst.“

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