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Dienstag, 08 August 2017 09:26

Wahrheit und Gerechtigkeit

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img263Besinnung auf das Urchristentum. Das wirkte revolutionär. In zahlreichen Reformversuchen wurden die Menschen zur Einfachheit aufgefordert. Die soziale Wirklichkeit war aber eine ganz andere.
Die Missstände waren dem Theologen Martin Luther durchaus bewusst.

Aber er hat mit seinen Schriften (die in der jetzigen Ausstellung in einmaliger Fülle gezeigt werden) nicht die soziale Ordnung in Frage gestellt, so wie sein Zeitgenosse Gaismair und andere Revolutionäre es taten. Er wollte nur das wahre Evangelium lehren, so wie es in der Bibel steht und nichts Anderes.
Die Ausstellung zeigt auch Beispiele für das „christliche“ Zusammenleben. Die Tiroler, also auch die Bozner, haben sich lange gegen das Luthertum gewehrt, unter anderem auch gegen den Bau der evangelischen Kirche. Die Arbeiter, die im Schatten des lutherischen Tempels arbeiten mussten, verlangten einen höheren Lohn für die Gefährdung ihres Seelenheiles. Das war im Jahr 1905.
Der große Bauernkrieg um 1525/25 im Süddeutschen Raum forderte die Einschränkung der Frontdienste und der Lasten; nach anfänglichen Erfolgen wurde die Erhebung grausam niedergeschlagen. Die Fürsten behielten wieder die Oberhand.
Der Sterzinger Michael Gaismair (1490 - 1533) wird von den aufständischen Bauern zum Anführer gewählt. Als regierungserfahrener  Praktiker entwirft er mehrere img264Landesordnungen, die in vielen Aspekten modernen Verfassungen gleichen. Angestrebt wurde eine bäuerliche Alpenrepublik nach dem Muster der schweizerischen Eidgenossenschaft. Das konnte der habsburgische Landesherr, der Erzherzog Ferdinand nicht dulden.
Luther und Gaismair waren Zeitgenossen und hatten viele Gemeinsamkeiten. Während aber der Theologe Luther wegen seiner Lehre  von seinem Landesfürst Friedrich dem Weisen von Sachsen auf die Wartburg entführt und dort beschützt wurde, ließ der Tiroler Landesfürst den rebellischen Untertan Gaismair - noch lange nach dem Ende der Feindseligkeiten - ermorden. Viel zu früh kamen die gesellschaftspolitischen Ideen vom freien Bauernstaat; und sie kirchewidersprachen dem jetzt beginnenden, politischen Zentralismus.
Ganz anders das Werk Luthers, der sich nur um eine echte Glaubensbotschaft bemühte. Für die zahlreichen Streitschriften brauchte er eine allgemein verständliche, deutsche Sprache. So entstand die deutsche Übersetzung des Evangeliums und später der ganzen Bibel. Wegen dieser sprachschöpferischen Leistung wurde er zum Begründer des Hochdeutschen, der deutschen Gemeinsprache.
Ähnlich einflussreich wurde Luther durch seine Kirchenlieder, die er zum Großteil selbst dichtete und vertonte. Luthers hervorragende Musikalität ist ein Glück für die ganze Menschheit.
Hans Wielander

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