Mittwoch, 25 Juli 2012 00:00

Spagat zwischen Heimat und Selbstverwirklichung

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Portrait – Angelika Rainer

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Musizierende Schneiderin, kurzzeitige Hofbesitzerin, exzellente Servicekraft auf Skihütte und im Hotel… Angelika Rainer kann mit ihren 28 Jahren schon auf einige Erfolge, aber auch Tiefschläge in ihrem Leben zurückblicken. Eines verliert die Schnalserin, die heute die „Mitterkaser Alm“  im Pfossental bewirtschaftet, aber nie: ihre Zuversicht, ihren Humor und die Liebe zu ihrer Heimat.

Die Liebe zur Musik hat sie im Blut, stammt sie doch aus dem Hause „Infangler“, dessen Hausmusik weit über Südtirol mit der CD „Schnalser Klang“ bekannt wurde. Sie spielt seit dem siebten Lebensjahr. Mit Blockflöte fing es an, Gitarre und Zither folgten. Jetzt ist es die Okarina. „Halt alles Instrumente mit wenig klarem Klang“, schmunzelt sie. Gemeinsam mit den Eltern und den beiden Brüdern folgen viele öffentliche Auftritte, aber es geht hier um das „Wollen“ und nicht um das „Müssen“.

 


Denn, was sie will, macht sie gründlich, so auch ihre Ausbildung und das heißt fort aus dem Pfossental. An der Fachoberschule für Soziales in Meran macht sie die Matura und meistert die Ausbildung zur Schneiderin bei MMP Design in Schluderns. Aber parallel dazu steckt ihr die geliebte Natur und bekannte Landwirtschaft in der Nase und gemeinsam mit ihrem Freund aus dem Passeier, bei dem sie als Alternative zum Internat auch wohnt, bewirtschaften die beiden zwei Sommer lang eine Alm in Proveis. Aber der Wunsch nach Selbstständigkeit ist macht sie ruhelos und so sucht sie gemeinsam mit ihrem Freund nach einem Pachthof. Daraus wird der Kauf eines alten Hofes auf Juval. Der große Traum vom eigenen Hof zerplatzt aber sehr schnell. Die Beziehung zerbricht bereits nach einem Jahr. Zurück bleibt eine 24-jährige Frau mit Schulden und einem Hof, an dem fast alles zu richten ist. Und beim Kauf hat man zwei ältere Herren mit Wohnrecht auf Lebenszeit übernommen. „Gemeinsam und mit Unterstützung der Eltern wäre es gegangen, aber allein und ohne Nebeneinkommen wuchs mir das alles über den Kopf, nicht nur finanziell.“ Sie hatte Glück und ein Käufer fand sich, „so bin ich gerade so rausgekommen.“


Um erst einmal wieder Geld zu verdienen, geht sie in die Gastronomie: Ein Jahr Service im Hotel und den Winter danach zieht es sie schon wieder hoch auf die Schutzhütte „Schöne Aussicht“.  „Im Frühjahr rief mich der Obmann der Interessentschaft „Mitterkaser Alm“ an und fragte, ob ich Lust hätte, die Alm zu übernehmen. Die Saison auf der Hütte ging bis Anfang Mai und die Saison auf der Alm fing da schon an... ich machte keine Pause. Da ich mich von der Hütte aus nur schlecht über „die Bürokratie“ informieren konnte, machte ich mit den Bauern aus, dass dieser Sommer ein „Probesommer“ werden sollte. Mein Team bestand aus Stefan, dem Hirten, einer Studentin, einem Madl und meiner Wenigkeit. Den nächsten Sommer wurde die Alm dann gepachtet und Mama Fany kam mit hoch.“ Vater und Brüder helfen. Der „Mitterkaser Alm“ hat der Zusammenhalt gut getan. Man wird Partner beim »Almerlebnis Naturparks« und wirtschaftet ökologisch und nachhaltig. Produkte aus eigener Herstellung stehen im Mittelpunkt der Speisekarte. Ein Käserei-Lehrgang wird besucht. Der alte Garten wird belebt und die Offenheit der Familie lässt Experimente zu. Man gestattet dem Niederländer Rob Schaap einen biologischen Garten in Kooperation mit dem Berufstrainingszentrum Gärtnerei Gratsch anzulegen. „Er hat sich in den Garten verliebt und gefragt, ob ich etwas dagegen hätte, wenn er ihn neu anlegt. Ich habe ihn in die Küche geschickt: „Frag Fany.“ So liefert der Garten heute fast alles Grüne für die Küche.


Fragt man Angelika nach ihren Zielen von morgen, ist die Antwort eher ernüchternd. „Ich suche nach meiner Selbstständigkeit. Auf dem Hof fühle ich mich wohl, aber als „geduldet“. Aber ich will etwas Eigenes. Und dazu muss ich wahrscheinlich aussi total.“ Aber bis dahin versucht sie sich mit eigenen und guten Ideen von der Konkurrenz abzugrenzen, entwickelt die Alm mit der Familie ständig weiter. Hofft, dass bei einem Wegzug ihre Familie die Alm weiter betreibt und zitiert ihr Lebensmotto: „Ich lass das alles auf mich zukommen, denn meistens erledigt sich das meiste von selbst.“ Was zu hoffen ist für liebeswerte Menschen und eine erlebenswerte Alm.

Elke Wasmund


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