Regional-puristisch

geschrieben von Ausgabe 3-19

s45 8772Vinschgerwind - Gespräch

Interview: Barbara Gambaro

Vinschgerwind:Wann wurde Ihnen zum ersten Mal wirklich bewusst, dass Sie Architekt werden möchten?
Christian Kapeller: Eigentlich wollte ich Archäologe werden. Doch damals haben meine Brüder in Taufers ein Haus gebaut und bei der Planung wurde mir klar, dass mich das interessiert  und ich das machen möchte. So kam ich zum Entschluss in Innsbruck Architektur zu studieren.

Vinschgerwind: Hat Ihnen das Studium gefallen und Sie ausreichend fürs Berufsleben vorbereitet?
Christian Kapeller: Wenn ich ehrlich bin, war mir das Studium viel zu theoretisch. Es hatte sehr wenig mit der Realität auf dem Bau und den Kontakt zwischen Kunden und Architekt zu tun. Angesprochen hat mich eher die Praxis danach, als ich begonnen habe beim Architekten Arnold Gapp zu arbeiten. Dort wurde ich im wahrsten Sinne des Wortes ins kalte Wasser geschmissen und daran habe ich Gefallen gefunden.

Vinschgerwind: Was würden Sie Ihren architektonischen Stil heute beschreiben?
Christian Kapeller: Das ist eine schwierige Frage. Wichtig ist mir vor allem Regionalität im Ausdruck, in den Materialien und in der Verwirklichung mit lokalen Handwerkern. Regional-puristisch würde meinen Stil gut beschreiben.

Vinschgerwind: Was meinen Sie mit regional?
Christian Kapeller: Regional heißt für mich, was gibt es hier bei uns? Was sieht man wenn man sich umsieht? Welche Materialien? Welche Handwerker? Was ist machbar? Weiterdenken, weiterschauen, aber nicht fundamentalistisch, sondern auch mit einer gewissen Lockerheit. Ich gehe auf jeden Fall auch auf den Kunden ein, erarbeite ein Projekt, das zu ihm passt.

s44 5132Vinschgerwind: Beim Großteil Ihrer Projekte verwenden Sie Holz, sei es für die Außenfassade als auch innen. Wie gehen Sie bei der Wahl der Materialien vor? Auf was schauen Sie?
Vinschgerwind: Besonders wichtig ist mir beim Bauen eine gewisse Wärme zu schaffen und diese erlangt man am besten mit Holz. Ich versuche vor allem naturbelassene Materialien bzw. Holz zu verwenden, insbesondere Lärche, Eiche, Fichte und Zirm, natürlich ohne Anstriche, sei es innen als auch außen. Die Kombination aus Holz und dem passenden Licht macht es möglich, eine angenehme, warme Atmosphäre zu schaffen. Kalte Materialien und kalte Farben versuche ich zu vermeiden.
Vinschgerwind: Was halten Sie von der Kombination von altem Bestand mit Neuem?
Christian Kapeller: Altes mit Neuem zu kombinieren ist eine sehr reizvolle Aufgabe. Man soll dabei sehen, was war Alt und was ist Neu und diese beiden Stile optimal zusammenführen, damit die Harmonie der Räume auch bestehen bleibt. Alt und Neu sollen nicht im Kontrast stehen sondern wie ein Zusammenspiel wirken. Meine Denkmalschutz-Projekte spiegeln nicht eine strenge, fundamentale Haltung wider. Sie sollen als Ganzes wirken und nicht als zwei gegensätzliche Elemente. Der Architekten Hansjörg Ruch aus Graubünden hat da gute Vorarbeit geleistet. Für mehrere meiner Projekte, die ich im Denkmalschutz umgesetzt habe, habe ich auch Preise bekommen und ich werde auch häufig noch zu Projekten im Denkmalschutz eingeladen.
Vinschgerwind: Wie fällen Sie die Wahl, welches Projekte Sie annehmen oder nicht?
Christian Kapeller: Ich lege Wert darauf, dass am Ende auch etwas Gescheites rauskommt, das heißt, dass der Bauherr und der Architekt zusammenpassen müssen. Und das geht meistens aus einem Erstgespräch hervor, das ich immer führe. Man muss sich kennenlernen, die Einstellungen, und Wünsche des anderen herausfinden.
Für mich persönlich macht es wenig Sinn, einfach drauflos zu zeichnen, ohne den Menschen zu kennen, der dahintersteckt. Aus einem Gespräch kann man viel herausfinden, was den Hausbau betrifft.

Vinschgerwind: Woran arbeiten Sie zurzeit?
Christian Kapeller: Zurzeit arbeite ich an mehreren Hotels, ich baue viel im Tourismusbereich, zum Teil auch kombiniert mit Denkmalschutz.

Vinschgerwind: Wie weit geht Ihr Radius? Wo nehmen Sie Projekte an?
Christian Kapeller: Vor allem im Vinschgau und im Burggrafenamt. Zurzeit baue ich in Laatsch, in Prissian, in Dorf Tirol, in Burgstall und in Naturns. Vinschgerwind: Ihr Wunschprojekt für die Zukunft?
Christian Kapeller: Kein Wunschprojekt, meine Projekte, die ich habe, sind genau solche, die mir gefallen und Spaß machen. Hotels, Restaurants, Ferienwohnungen, Urlaub auf dem Bauernhof, Altbauten genau das, was ich eigentlich will. Ich möchte keine Kirche und keine Feuerwehrhalle bauen (lacht).

Vinschgerwind: Unter all Ihren Projekten gibt es da eins was Ihnen am meisten Spaß gemacht hat oder worauf Sie besonders stolz sind?
Christian Kapeller: Spaß macht mir, wenn man mit den Menschen auch im Nachhinein noch reden kann, wenn man sich noch wohlwollend grüßt, sich trifft und zusammen über die Zusammenarbeit spricht.

s44 184409Vinschgerwind: Wie wohnen Sie selbst? Haben Sie Ihr Wohnhaus auch gebaut?
Christian Kapeller: Mein Haus habe ich natürlich auch gebaut. Es ist eines der ersten Klimahäuser A im Vinschgau und recht modern angehaucht.
Vinschgerwind: Was bedeutet für Sie Architektur?
Christian Kapeller: Eine gute Symbiose von allen Wünschen die zusammengehören. Der Bauherr, die Normen, die Anforderungen des Kunden, die eigenen Ansprüche und all diese zusammenzubringen und sie im Dorf, in die Landschaft einbinden. Den Spruch, den man oft hört „er hat sich ein Denkmal gesetzt“, ist für mich nicht attraktiv. Ein auffallender, herausstechender Bau und ist er auch noch so gut gemacht, ist für mich nicht Architektur.
Vinschgerwind: Gibt es ein Bauwerk eines anderen Architekten, das Ihnen auch besonders gut gefällt?
Christian Kapeller: Es gibt viele gute Bauten im Vinschgau. Zum Beispiel das Gamperheim in Mals vom Architekten Helmuth Maurer, oder diverse Bauten von den Architekten Arnold Gapp oder von Walter Dietl.

Vinschgerwind: Finden sie die Architektur entwickelt sich ständig weiter? Wie würden Sie Ihre eigene Entwicklung in diesem Sinne beschreiben?
Christian Kapeller: Natürlich. Vor allem haben sich bei mir die Kunden geändert. Zu Beginn habe ich Familienhäuser im geförderten Wohnbau gebaut und mit der Zeit hat es sich dann hin zum Denkmalschutz und in die Gastronomie und Tourismusbranche entwickelt. Es ändern sich auch die Anforderungen und man muss sich mitentwickeln, keine Frage. Man hat andere Fokusse, man befasst sich mit Dingen, an die man im privaten Bereich nicht denken muss. Im Tourismusbereich  und im Denkmalschutz ist man bis zum Schluss gefordert. 

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