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Dienstag, 20 September 2011 00:00

Der Bürgermeister als Hundefänger

Vinschgau - AUS DEM GERICHTSSAAL

Schön langsam könnte den öffentlichen Verwaltern die Freude an ihrem Job vergehen. Schuld daran sind auch die Gerichte, welche die Haftung der öffentlichen Hand auf immer neue Bereiche ausweiten. Hier ein paar „Kostproben“: In Grosseto in der Maremma kommt es in der Nacht zum Zusammenstoß zwischen einem Auto und einem Wildschwein! Die Region Toscana wird vom Obersten Gerichtshof zu Schadenersatz verurteilt. Begründung: die Gebietskörperschaft – bei uns hier läge die Zuständigkeit beim Land – muss alle (?) Vorkehrungen treffen, damit das Wild nicht Schäden an Personen und Sachen anrichten kann. Das Überwachungsgericht in Lecce verurteilt die dortige Gefängnisverwaltung zu Schadenersatz, weil sie 3 Häftlinge über einen Monat in einer Zelle von nur 11 m² eingesperrt hat. Dies verstoße gegen die Menschenrechte. Doch der wohl exotischste Haftungsfall hat sich in Neapel abgespielt. Eine 80-jährige Signora war mit ihrem Leichtmotorrad unterwegs, als sie von einem streunenden herrenlosen Hund angefallen wurde. Sie kam zu Sturz und verletzte sich. Die gute Frau wandte sich an den Kadi und verklagte die Gemeinde Neapel. In erster Instanz und in der Berufung blitzte sie ab. Doch der Oberste Gerichtshof gab ihr nun Recht, und zwar mit einer Begründung, die auch unsere Bürgermeister interessieren dürfte: zu den Pflichten der Gemeinde gehört es, nicht nur ein Hundeverzeichnis zu führen, sondern auch konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um das Herumstreunen von Hunden zu verhindern und herrenlose Hunde einzufangen. Wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommt, kann sie für Schäden verantwortlich gemacht werden.
Diese Entscheidung muss man sich einmal „auf der Zunge zergehen lassen“ und sich deren praktische  Auswirkungen vorstellen. Die Neapolitaner sind ja ein phantasiebegabtes Völkchen. Außerdem stehen dort vor dem Gerichtsgebäude hilfsbereite Herren herum, welche Visitenkarten verteilen, auf denen als Beruf „Augenzeuge“ angegeben ist. Es wäre daher nicht weiter verwunderlich, wenn nach diesem Präzedenzfall der Bürgermeister von Neapel mit einer Flut von Klagen überhäuft würde, weil er seine streunenden Hunde nicht eingefangen hat!

Peter Tappeiner, Rechtsanwalt

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau

Publiziert in Ausgabe 19/2011

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