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Kommentar von Chefredakteur Erwin Bernhart

Damnatio Memoriae

veröfftl. am 11. November 2025

Dass Luis Durnwalder, der langjährige, vordrängende, streitbare, entscheidungsfreudige, schlaue, aneckende, charmante, polternde, hoch intelligente, gleich geliebte wie gehasste ehemalige Landeshauptmann des Landes Südtirol, vor 14 Tagen vom Rechnungshof in Rom mit der Begründung, er habe „dem Ansehen des Landes geschadet“, verurteilt worden ist, kommt für den Luis einem Dolchstoß mitten ins Herz gleich. Das war wohl das Letzte, was dem Luis Durnwalder in all seiner politischen Tätigkeit und in all seinen Regierungsjahren in den Sinn gekommen wäre - dem „Lande zu schaden“. Eine solche Beschuldigung würde wohl auch seinen ärgsten Feinden im Lande nicht eingefallen sein. Auch bei vielen Landsleuten lösen Urteilsbegründung und Strafmaß (200.000 Euro) Befremden, Kopfschütteln und Solidarität mit Luis Durnwalder aus.
Was da richterlich von Rom aus betrieben wird, kommt einer „damnatio memoriae“ gleich. Das Südtiroler Volk und schon gar nicht die Südtiroler Volkspartei, so meine Deutung der vielen richterlichen Verurteilungen, soll dem Luis ja kein Denkmal setzen, keinen Sockel mit Statue errichten, keine großen Kapitel in den Geschichtsbüchern widmen. Man soll, so die römische Diktion, höchstens - wenn überhaupt - an einen mit dem italienischen Gesetz in Konflikt geratenen und verurteilten Landeshauptmann erinnern. Eine „damnatio memoriae“ ist das Verschweigen des Andenkens. Ein solches Verschweigen war für Personen in der Vergangenheit immer gezielt gewollt, vor allem aus politischen, aus dynastischen Gründen. Dem Silvius Magnago sind die Erinnerungen im Lande gewiss, dem Luis Durnwalder müssen sie gewiss sein.