Vom Franz lernen?
v. l.: Der Grauner BM Franz Prieth und der Prader BM Rafael Alber scheinen sich prächtig zu verstehen und etwas im Abseits der Kastelbeller BM Gustav Tappeiner
Einstimmig wurden Roselinde Gunsch als Bezirkspräsidentin und ihr Personalvorschlag für den neuen Bezirksausschuss angenommen. Roselinde Gunsch hat Georg Altstätter (BM von Martell), Mauro Dalla Barba (BM von Latsch), Christine Kaaserer (BMin von Schlanders), Rafael Alber (BM von Prad) und Franz Prieth (BM von Graun) um sich geschart.
Zuvor gab es Lob für die Bereitschaft, dass sich die Roselinde Gunsch für das Amt der Bezirkspräsidentin zur Verfügung stellt, zum Beispiel von der Laaser BMin Verena Tröger: „Ich bin froh, das du das machst.“ Tröger machte allerdings auch kein Hehl daraus, dass sie mit dem Ausschussvorschlag ursprünglich nicht einverstanden war. Das sei allerdings abgeschlossen. Der Schludernser BM Heiko Hauser lobte ausdrücklich das umfangreiche Programm, mahnte aber auch an, dass man bei den einzelnen Projekten dranbleiben müsse. Und man solle politisch schwierige Themen, etwa beim Verkehr, gemeinsam stärker angehen. Denn, so Hauser, der Verkehr werde sicher mehr und nicht weniger. Auch wenn der Zug vielleicht einiges an Verkehr von der Straße nehmen werde, der Verkehr werde trotzdem mehr. Es könne nicht sein, dass man von Mals bis Meran auf der Straße nicht überholen könne. „Eine transparente Arbeit ist mir wichtig bzw. ein Anliegen“, sagte Hauser noch. Der Kastelbeller BM Gustav Tappeiner erinnerte an die Herausforderungen der Instandhaltungen bei den in die Jahre gekommenen Kläranlagen und auch daran, dass bei der sich verändernden Gesellschaft vor allem in den Sozialdiensten Antworten zu suchen seien.
Mit Karin Meister von der Süd-Tiroler Freiheit und als Vertreterin der politischen Minderheit vom Gemeinderat von Schlanders entsandt, erklang eine neu Stimme im Bezirksrat. Meister mahnte an, dass der Vinschgau in Bozen viel mehr Präsenz zeigen müsse, dass der Vinschgau sichtbarer werden und mehr Gewicht haben müsse, Man könne durchaus auf einige Dinge stolz sein, so etwa auf den Aufbau der Bezirkspolizei als landesweites Vorzeigemodell.
Beim Stichwort Bezirkspolizei hakte der am Sonntag zum BM der Gemeinde Stilfs gewählte BM Samuel Marseiler nach. Denn in seiner Gemeinde Stilfs sei die Jochstraße ein heißes Thema, die Straße werde oft als Rennstrecke missbraucht. Er appellierte an die Ortspolizei, dort genauer hinzuschauen. Das geschehe bereits, und dann an die BM im Tal gerichtete: „Wir gschaffen gut.“
Mit Peter Grüner, dem neuen BM von Schnals, erklang eine weitere neue Stimme. Grüner forderte unmissverständlich einen neuen Halbstundentakt für Schnals, für die Seitentäler. „Der Stundentakt ist veraltet“, sagte Grüner. In den Ämtern in Bozen sei er bisher auf Granit gestoßen, denn dort werde der Takt nach der möglichen Benutzung eingeschätzt. Das sei wie die Frage nach dem Ei und der Henne. Roselinde Gunsch nahm die Anregung aus dem Schnalstal subito in ihr Programm auf.
Wer ist für was zuständig?
Es war Thomas Pichler, der vom Latscher Gemeinderat in den Bezirksrat entsandt ist, der auf Zuflüstern vom Latscher BM Mauro Dalla Barba das Sprachtabu in der Sitzung brach: Wer denn nun eigentlich welche Agenden innehaben werde? Wenn er schon abstimmen solle, müsse er wissen: „Wer ist für was zuständig?“
Die Abwehr dieser Frage, deren Beantwortung mit Sicherheit zu Diskussionen führen würde, war zaghaft. Roselinde Gunschs Hinweis, dass die anstehende Abstimmung nur die Personen betreffe, nicht aber die Agenden, war dann doch von Erklärungsversuchen gefolgt. Sie, so sagte es Gunsch, werde die Sozialdienste behalten, Landwirtschaft, Schule und Bildung wird die Schlanderser BMin Christine Kaaserer betreuen. Die Agenda für Schloss Goldrain bleibe bei der Laaser BMin Verena Tröger, die Schloss Goldrain bisher im Bezirksausschuss betreut habe. Und den Tourismus werde der Franz Prieth übernehmen. Gunsch ließ dann die Bezirksräte und die anwesenden Pressevertreter an ihren Gedankengängen teilhaben. Eigentlich wollte sie die Agenden des Tourismus ursprünglich selbst übernehmen. Sie wolle den Clinch, der durch die Trennung des Tourismus in Ober- und Untervinschgau entstanden sei, ausräumen. „Das muss man wieder zusammenführen“, sagte Gunsch. Der Franz Prieth möchte aber die Agenden des Tourismus, der brenne für den Tourismus. Aber der Tourismus müsse für die gesamte Talgemeinschaft gesehen werden.
Das sei keine ideale Situation, ereiferte sich der Kastelbeller BM Gustav Tappeiner, dessen Gemeinde eher nicht zu den tourismusstarken Gegenden im Tal gehört. Im Obervinschgau sei die Strategie dort wohl ok, aber mit Vinschgau Marketing verfolge man eine andere. Es sei politisch und diplomatisch unklug, den Franz Prieth mit der Agenda des Tourismus zu betrauen und er ersuche um eine Übergangsfase. Wie diese ausschauen könnte, das blieb der Kastelbeller BM schuldig. Auch die Laaser BMin Verena Tröger hieb in diesselbe Kerbe, ohne Alternativorschlag. „Wir haben uns im Tourismus auseinanderdividiert“, sagte die ebenfalls aus einer tourismusschwachen Gemeinde kommende BMin. Da sei viel zerschlagen worden. Deshalb sehe sie den Tourismus beim Franz Prieth nicht gut angesiedelt. Aber, so Tröger, sollte die Entscheidung so fallen - und diese Entscheidung obliege einzig der Bezirkspräsidentin - dann Pazienza. Sie wünsche eine gute Hand.
Die Verteidigung für Franz Prieth kam langsam. Der Marteller BM Georg Altstätter stellte klar, dass der Bezirk in Sachen Tourismus einen rein politischen Auftrag habe und höchstens auf politischer Ebene Einfluss nehme können, de facto aber keine Kompentenzen habe. Allerdings müsse jedes Ausschussmitglied für den gesamten Bezirk einstehen.
Es war dann das scheidende Ausschussmitglied der Malser BM Josef Thurner, der seinem BM-Kollegen und Nachbarn den Rücken stärkte. Der Franz Prieth sei unumstritten ein Tourismus-Fachmann. Im Obervinschgau sei der Tourismus in den letzten Jahren stets bergauf gegangen. Man könne dabei vom Franz etwas lernen.
Franz Prieth nahm dann selbst Stellung: Er sei der Wirtschaft nahe und der Tourismus sei die Existenzgrundlage im oberen Vinschgau. Beim eingeschlagenen Weg im Obervinschgau gehe es allein um das Marketing, um den Verkauf nach außen. Gestartet sei man von der Überlegung, dass von den Ortstaxen 30% an die IDM abzuführen seien, ohne dass man etwas davon habe. „Das geht nicht“, sagt Fanz Prieth. Die finanziellen Kräfte müsse man in Richtung Vermarktung bündeln. Die Marke „Reschensee“ sei ein reines Marketingkonstrukt. Er habe in Sachen Tourismus im Vinschgau in keinster Weise Berührungsängste. Seine Art sei stets klar und direkt. „Ich würde gerne mein Wissen dem gesamten Vinschgau darstellen“, sagte Prieth, und: “Ich bringe Kompetenz mit. Mein Herzblut liegt im Bereich Tourismus.“
Und dann bog Franz Prieth in eine ganz andere Richtung und zwar in Richtung Energie. Bei den Stauseekonzessionen müsse man ein wachsames Auge drauf haben. „Das, was unsere Vorgänger, der Abi Plangger und der Sepp Noggler, aufgebaut haben, dürfen wir nicht einfach vernachlässigen“, sagte Prieth. Wenn man die Kompetenzen von Georg Altstätter und seine vereinige, dann gehe da mehr.
Die Nebenschauplätze
Roselinde Gunsch hat alle im Bezirk Vinschgau relevanten Themen in ihre Erklärung gepackt, von den vielen Themen in den Sozialdiensten bis hin zu den Grenzpendlern, von Umweltdiensten mit den geplanten Radwegen bis hin zur Ortspolizei. Von den Problematiken bei der Altkleidersammlung bis zum Stiefkind Stilfserjoch Nationalpark, vom Klimaplan bis zum Krankenhaus Schlanders, von den Interreg-Programmen bis zur Berglandwirtschaft.
Man wolle das Sprachrohr für die Bevölkerung im Tal sein, eine koordinierende Rolle spielen, die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und zu den anderen Bezirksgemeinschaften fördern und innerhalb der Bürgermeisterrunden politische Meinungsbildung vorantreiben.
Josef Thurner, der aus persönlichen Gründen nicht mehr für den Bezirksausschuss zur Verfügung gestanden hat, machte noch eine mahnende Anmerkung. Im Bereich Abfall bahne sich eine gefährliche Geschichte an. Das derzeitige System laufe gut und man laufe künftig Gefahr, unter die Räder zu kommen. Das könne man nicht zulassen. Man müsse in diesem Bereich weder dem Landeshauptmann noch dem Landesrat einen Gefallen tun. Das Eco-Center könne man in diesem Bereich überhaupt nicht haben. Da müssen die Bezirksgemeinschaften besser zusammenstehen.
Letztlich wurden auch die Vergütungen für die Gremien beschlossen: Die Bezirkspräsidentin erhalte, so der Generalsekretär Urban Rinner, 2.637 Euro brutto, der Vize 791 Euro und die Bezirksausschussmitglieder 527 Euro. Die Bezirksratssitzungen werden mit 50 Euro abgegolten.
Der Malser BM Josef Thurner und die Laaser BMin Verena Tröger sind nicht mehr im Bezirksausschuss vertreten; Tröger pflegt weiterhin die Beziehungen zu Schloss Goldrain
Beleben den Bezirksrat neu v. l.: Karin Meister (vertritt als STF-Gemeinderätin von Schlanders die politische Minderheit) Dunja Tassiello (vetritt die italienische Sprachgruppe), Nora Reiner (Gemeinde Mals) und Thomas Pichler (Gemeinde Latsch)
- Der Malser BM Josef Thurner und die Laaser BMin Verena Tröger sind nicht mehr im Bezirksausschuss vertreten; Tröger pflegt weiterhin die Beziehungen zu Schloss Goldrain
- Beleben den Bezirksrat neu v. l.: Karin Meister (vertritt als STF-Gemeinderätin von Schlanders die politische Minderheit) Dunja Tassiello (vetritt die italienische Sprachgruppe), Nora Reiner (Gemeinde Mals) und Thomas Pichler (Gemeinde Latsch)