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Kultur: Auf der „"Hoad“ und in Merida

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 Christian Stecher in seinem Atelier in Merida: Durch die verglasten Öffnungen in der Decke (Oberlicht) und der Höhe der Räume ergibt sich eine für die Arbeit sehr schöne Atmosphäre. Zudem öffen sich Türen zum Innenhof in dem sich der Ziergarten befindet mit Palmen und Kakteen und einem Wasserbecken zur Abkühlung. Christian Stecher in seinem Atelier in Merida: Durch die verglasten Öffnungen in der Decke (Oberlicht) und der Höhe der Räume ergibt sich eine für die Arbeit sehr schöne Atmosphäre. Zudem öffen sich Türen zum Innenhof in dem sich der Ziergarten befindet mit Palmen und Kakteen und einem Wasserbecken zur Abkühlung.

Ein Atelier (franz. für Werkraum) ist der Raum für freies, kreatives Denken der Kunstschaffenden. Er kann Rückzugsort für konzentriertes, künstlerisches Schaffen sein und durchaus bestimmend für das Ergebnis der Arbeit. Einer, der davon erzählen kann, ist der Maler Christian Stecher aus St. Valentin auf der Haide. Er hat zwei Ateliers, eines in Merida, Mexiko, das andere hier in St. Valentin.

In Merida, Mexiko

1998 kam Christian Stecher das erste Mal nach Mexiko. In den ersten Jahren wohnte und arbeitete er noch in Mexiko Stadt. Seit 2008 hat Christian ein Haus mit Atelier in Merida, der Hauptstadt des Bundesstaates Yucatan. Seine Adresse: Calle 52 Nr. 452c entre 49 y 47 Colonia Centro.
Wie in vielen amerikanischen Städten wurde auch in Merida das historische Zentrum bis in die 0-er Jahre vernachlässigt und zum Teil entvölkert, bis Ausländer die Ästhetik und Eleganz der alten Stadthäuser mit den hohen Räumen und den farbigen Fußböden entdeckten, die Häuser kauften und sie renovierten, was wiederum eine Aufwertung des Zentrums zur Folge hatte, natürlich auch eine beträchtliche Verteuerung dieser Liegenschaften. Heute wird diese Situation von den ehemaligen Besitzern schon auch kritisch gesehen.
Als Stecher auf der Suche nach einem geeigneten Haus in Merida war, wusste er, dass er diese alten Häuser im Stadtzentrum von irgendwoher kannte: nämlich aus den Beschreibungen im Roman „ Hundert Jahre Einsamkeit“ von Gabriel Garcia Marquez. Es waren genau diese tiefen dunklen nicht enden wollenden Labyrinthe wie im (fiktiven) Macondo aus dem Roman. Merida wie Macondo liegen am gleichen Meer, dem mar caribe“.
„Eigentlich sind neue Werkräume ein Graus, denn Atmosphäre und Geist dieser Räume entstehen langsam mit der Nutzung, durch die Lichtgestaltung, Materialien, Gegenstände die man mag, Gerüche, Menschen die ein und ausgehen etc. In meinem Fall kommt noch die Nähe zum Garten hinzu“, erzählt Christian Stecher.
Die architektonische Situation des Hauses in Merida ist sehr ungewöhnlich: die Grundfläche beträgt 400 m2, davon sind ca 300 m2 als Wohn-und Arbeitsfläche verbaut und die restlichen 100 m2 sind Palmengarten. Die ganz leicht hellgrüne Fassade hat zur Strasse hin zwei über 3 m hohe Eingänge, die seitlichen Mauern sind gleichzeitig auch die Seitenmauern seiner Nachbarn, also fensterlos, sodass das Licht vom Innenhof (patio) her ins Haus kommt. Das Haus ist einstöckig mit der Besonderheit, dass die Räume ca. 5 m hoch sind - der Hitze geschuldet - und damit ein ganz spezielles Raumgefühl vermitteln. Zudem sind die Fußböden mit farbigen Platten ausgelegt ( piso de pasta).
Für die Arbeitsräume galt es eine neue Lichtsituation zu schaffen, durch mehrere kleinere Öffnungen im Dach die mit „gesandeltem“ Glas abgedeckt wurden. Diese Oberlichten schaffen eine sehr angenehme Atmosphäre, man hat das Gefühl, das Licht rieselt von oben in den Raum.
Der Lichteinfall von oben und das Fehlen von seitlichen Fenstern gibt dem Raum eine bestimmte Abgeschiedenheit und Ruhe obwohl sich das ganze im Zentrum der Stadt befindet.

In St. Valentin auf der Haide

s33 kultur2Wenn alles normal läuft kommt Christian Ende März/Anfang April von Mexiko zurück nach Südtirol. Auf die Frage, was es mit ihm tue, wenn er das eiserne Tor zu seinem Haus/Werkstatt in St. Valentin öffne, antwortet er: „Meine Rückkehr ist schon immer etwas sonderbar. Es geht von der großen Hitze hier in Merida zurück ins noch kalte Oberland und es ist so als würde das Jahr noch einmal beginnen. Aber ich staune schon jedes Mal wie verschieden klimatische, soziale, sprachliche etc. Situationen auf dem kleinen Planeten Erde sein können“.
Im Gegensatz zur Werkstatt in Merida wird jene in St. Valentin vielfältig genutzt. Neben ihrer Funktion als Malerwerkstatt dient sie als Aufbewahrungsort für alte Möbel, Kleinskulpturen, Werkzeug, Geräte für die Gartenarbeit, Holz und im Winter als Stellplatz für das Auto.
Ähnlich wie in Merida gibt es einen Garten durch den man in die Werkstatt gelangt, wobei der Garten in Merida ein reiner Ziergarten (Palmengarten) ist und jener in St. Valentin ein ziemlich großer Bauerngarten.
Auf die Frage, welche Ateliers er in seinem Leben sehen möchte, antwortet Christian Stecher: „Zwei Ateliers hätte ich gerne gesehen: Garten und Atelier von Claude Monet in Giverny, wo die großen Seerosenbilder entstanden sind und jenes von Caravaggio in Rom, das den spärlichen Berichten zufolge einen ganz bestimmten, für die Zeit neuen und dramatischen Lichteinfall hatte, nämlich durch die Öffnung in der Decke. Eine Erfindung die die Malerei eines ganzen Zeitalters geprägt hat“.
Peter Tscholl

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