Kommentar von Chefredakteur Erwin Bernhart - Und nun auch noch Asbest in Teilen der Trümmer des abgerissenen Teils der Ex-Drusus-Kaserne. Offensichtlich ist es so, dass ein Ungemach das nächste nach sich zieht, ein Unglück also selten allein kommt. Wäre das vorhersehbar gewesen? Wäre vorhersehbar gewesen, dass asbesthaltige Materialien in den Kasernen schlummern? Mit Sicherheit, behaupte ich. Wenn man nämlich vor dem Abriss eine entsprechende Baustoffprüfung gemacht hätte. Zumindest eine solche Vorgangsweise wären die Schlanderser Gemeindeverwalter ihren Bürger:innen schuldig gewesen. Mit Asbest ist nicht zu spaßen. Solange das Material als Asbestzement in verbautem Zustand als Rohre in den Gebäuden oder als Dachziegel auf Dächern schlummert, ist es nicht sonderlich bedenklich. Wenn es aber zerstäubt wird, wie dies bei einem Abriss der Fall sein kann, dann können lungengängige Asbestfasern auftreten, die sich im Lungengewebe verheddern und damit Krebs auslösen können. Es bleibt zu hoffen, dass bei der morgendlichen Abriss-Aktion auf der Basis der bereits berühmten Schlanderser Notverordnung keine gesundheitlichen Nachwehen bleiben. Nicht umsonst schreibt der Gesetzgeber vor, dass für das Abtragen und für die Entsorgung von asbesthaltigem Material spezialisierte Firmen zu beauftragen sind. Also wird die angeknackste Baustelle im Kasernenareal wohl noch lange ruhen. Quasi als Mahnmal für eine völlig unbedachte Vorgehensweise.
SSV Naturns - Sektion Stocksport - Am Samstag, den 22. und Sonntag, den 23. Oktober 2022 veranstaltete die Sektion Stocksport des SSV Naturns-Raiffeisen sein traditionelles Raiffeisen-Turnier in Form eines 2-Tageturnieres. Insgesamt 27 Mannschaften aus Südtirol, Bayern, Vorarlberg, Nordtirol, Kärnten, Oberösterreich, Steiermark und der Schweiz haben an diesem Turnier teilgenommen.
Bereits am Freitag, den 21. Oktober war der Großteil der Mannschaften angereist und hatten das Angebot eines Begrüßungsabends angenommen. Bei typisch einheimischen Spezialitäten wie Speck, Kaminwurzen, Käse, Vinschgerlen, Schüttelbrot, Wein, Äpfel und Trauben saßen die Stocksportler und Begleitpersonen beisammen und verbrachten einen gemütlichen Abend.
An den darauffolgenden beiden Tagen fanden in der Meranarena in Meran die Rundenspiele statt. An beiden Tagen wurde Eisstocksport auf sehr hohem Niveau gezeigt – neben den 4 Südtiroler Mannschaften waren Stocksportler aus der deutschen Bundesliga und der österreichischen Staatsliga angereist, darunter der amtierende 4-fache Weltmeister Thurner Stefan aus Deutschland.
Der Turniersieg ging in diesem Jahr an den 2-fachen Europacup-Sieger ESV Kowald Voitsberg (A), ganz knapp gefolgt vom EC Gerabach (D) und dem ESV Jupp Krottendorf (A).
Bei der Siegerehrung im Bürger- & Rathaus von Naturns konnten die Naturnser Eisschützen neben den vielen Stocksportlern und Funktionären auch die Ehrengäste, den Bürgermeister der Marktgemeinde Naturns Zeno Christanell, den Obmann der Raiffeisenkasse Untervinschgau Wolfram Gapp und den Präsidenten des SSV Naturns Dietmar Hofer, begrüßen.
Die drei Erstplatzierten erhielten aus den Händen der Ehrengäste einen Geschenkskorb prall gefüllt mit Südtiroler Spezialitäten gesponsert von Ivoclar Vivadent Naturns, Isolteam Naturns und Generali Versicherungen Naturns.
Ein Dank geht auch an die Gemeindeverwaltung Naturns, an den Hauptsponsor des SSV Naturns die Raiffeisenkasse Untervinschgau, den Tourismusverein Naturns und die Obstgenossenschaft Texel Naturns für ihren Beitrag zur erfolgreichen Abhaltung dieser Veranstaltung.
ASV Mals/ Sektion Triathlon - Mit einem Trainingslager in der Toskana begann die diesjährige Saison der Triathleten des ASV Mals Sektion Triathlon. Den ersten Wettbewerb 2022 bestritt das Team von Sektionsleiter Rudi Hölbling – zur Mannschaft gehörten Tobias Zaros, Vera Ziernheld, Johanna Zingerle, Armin Taraboi, Stefan Dietl, Markus Fill, Gerlinde Baldauf, Elke Blaas, Mathias Alber, Silas Hölbling und Carmen Thöni - Ende April in Kufstein. Den einzigen Triathlon in Südtirol bestritt man Anfang Mai in Kaltern. Es folgten mehrere Bewerbe im Ausland, bei denen die Schützlinge von Hölbling sowie auch er selbst tolle Ergebnisse erzielten. „Wir sind alle zufrieden mit der Saison und freuen uns schon auf das nächste Jahr. Auf diesem Weg möchte ich mich bei allen Sponsoren für deren Unterstützung bedanken“, so Sektionsleiter Hölbling. (sam)
Brixen/Mals - Der Badminton-Sport wird immer beliebter. Das ist nicht verwunderlich, mit Vorbildern wie Yasmin Hamza, Katharina Fink und Judith Mair. Den zweiten VSS/Raiffeisen Jugendcup am Samstag, 29. Oktober in Brixen ließen sich 74 Kinder und Jugendliche nicht entgehen und überzeugten dabei mit ihrem Können. Erfolgreichster Verein war der ASV Mals.
Großen Einsatz zeigten insgesamt 74 Nachwuchs-Badminton-Spieler beim zweiten VSS/Raiffeisen Jugendcup am Samstag, 29. Oktober in Brixen. Jeder der Athleten hat dabei zumindest vier Spiele absolviert und konnte dadurch wichtige Turniererfahrung sammeln. Im Vordergrund standen bei der Veranstaltung der Spaß und die Freude an der Bewegung und am Sport. Gespielt wurde in vier Kategorien von der U9 bis zur U17. Die meisten Podiumsplatzierungen konnten sich die Spieler*innen vom ASV Mals sichern. Wenn auch nicht alle Kinder am Podest stehen konnten, war der zweite VSS/Raiffeisen Jugendcup des Jahres 2022 ein großer Erfolg für alle. Abgerundet wurde der Jugendcup von einer Tombola, bei der weitere Geschenke an die jungen Spieler verlost wurden. „Unser Ziel ist es, dass die Kinder und Jugendlichen mit viel Spaß Badminton spielen und dabei wertvolle Erfahrungswerte sammeln können“, so VSS-Referent Norbert Spornberger. Am Ende gab es in Brixen jede Menge strahlende Gesichter und große Vorfreude auf die nächste Veranstaltung.
Die Podiumsplatzierungen:
U9 Mädchen:
1. Gitterle Natalie (ASV Mals),
2. Hafner Anna (ASV/OGA Überetsch),
3. Zwick Luisa (ASV Mals)
U9 Buben:
1. Gögele Niklas (ASV Mals),
2. Stauder Jakob (ASV/OGA Überetsch),
3. Telser Raphael (ASV Mals)
U11 Mädchen:
1. Kobler Janina (ASV Mals),
2. Gögele Lina (ASV Mals),
3. Gitterle Lea (ASV Mals)
U11 Buben:
1. Pichler Matthias (ASV Mals),
2. Demanega Julian (SSV Brixen),
3. Renner Matthias (ASV Mals)
U13 Mädchen:
1. Stricker Mara (ASV Mals),
2. Ladurner Leni (SC Meran),
3. Ziernheld Emilia (ASV Mals)
U13 Buben:
1. Gurschler Anton (ASV Mals),
2. Telfser Adrian (ASV Mals),
3. Demanega Daniel (SSV Brixen)
U17 Mädchen:
1. Andergassen Nadja (ASV/OGA Überetsch),
2. Andergassen Sophia (ASV/OGA Überetsch),
3. Walcher Kathrin (ASV/OGA Überetsch)
U17 Buben:
1. Stricker Samuel (ASV Mals),
2. Götsch Tobias (SC Meran),
3. Righetti Matteo (SSV Bozen)
Val Müstair - Einen erfolgreichen Abschluss konnten gestern in Thun die Sportschützen „Tregants Val Müstair“ feiern. Sie wurden Schweizer Meister im Sportschiessen 2022. Eine grossartige Leistung der Tregants aus allen Altersklassen. Mit grosser Freude und Ausdauer haben sie die Schützensaison gestern mit der Goldmedaille erfolgreich beendet. Die Gemeinde Val Müstair gratuliert den erfolgreichen Schützen von Herzen. Mit grosser Freude wird das Val Müstair im Jahre 2023 den „Tir da la Chalavaina“ sowie im Jahr 2024, gemeinsam mit ganz Südbünden, das Kantonale Schützenfest 2024 beherbergen.
Den Schützen aus dem Tal danken wir für die grosse Leistung sehr und wir wünschen allen Schiessportfreunden weiterhin viel Freude und Erfolg bei ihrem schönen Hobby. Eine kleine Delegation mit Musik und Trank haben gestern Abend die erfolgreichen, neuen Sektionsschützenmeister im Tal willkommen geheissen
Im Namen der Gemeinde Val Müstair,
Gabriella Binkert Becchetti,
Gemeindepräsidentin
Berglauf St. Martin/Stilfs - Bereits zum 31. Mal wurde der Berglauf von Latsch nach St. Martin abgehalten. Der Lauf gehört mittlerweile schon zu den Klassikern des Landes und lockt immer wieder Teilnehmer aus dem ganzen Land in den Vinschgau. In diesem Jahr meinte es der Wettergott besonders gut mit dem Veranstalter und den Teilnehmern, denn es herrschte goldenes Herbstwetter am letzten Sonntag im Oktober. 70 Athletinnen und Athleten machten sich um 9.45 Uhr vom Lacusplatz in Latsch auf den Weg nach St. Martin am Kofel. Es galt eine Strecke von 6,2 Kilometern und 1100 Höhenmetern - sie führte unter anderem durchs „Zelim“, über die Annenberger Böden, Ratschill und schließlich zur Bergstation - mit einigen anspruchsvollen Anstiegen zu bewältigen. Die Tagesbestzeit stellte der Prader Thomas Niederegger auf. Der 38-Jährige erreichte das Ziel nach 48:05 Minuten und hatte mehr als zwei Minuten Vorsprung auf seinen ersten Verfolger Armin Gögele. Mit Andreas Tappeiner – er belegte Platz 6 in einer Zeit von 53:28 Minuten und Toni Steiner, der als Achter das Ziel nach 54:41 Minuten erreichte - platzierten sich zwei weitere Vinschger unter den Top 10. Bei den Damen ging der Sieg nach Deutschland. Luisa Daubermann gewann in 58:54 Minuten vor Tanja Plaickner und Anna Lena Hofer. (sam)
Leidenschaft, Kampfgeist und ein tolles Eishockey. Dies alles bieten die Eishockeycracks des AHC Vinschgau aktuell den eishockeybegeisterten Zuschauern. Die Eisfix befinden sich derzeit in einer starken Form und führen die Tabelle im Kreis Ost der IHL Division I an. Ein Punkt fehlt den Vinschgern noch, dann hätte man die Qualifikation für die Masterround und die Play-Offs in der Tasche. Zudem würde man damit auch am Italienpokal teilnehmen dürfen.
Von Sarah Mitterer
Was für ein Auftakt in die neue Saison! Seit dem ersten Spieltag führen die Eisfix die Tabelle im Kreis Ost in der IHL Division I an. Mit drei Heimspielen in Serie startete der AHC Vinschgau in die neue Saison und feierte dabei einen Hattrick. Zunächst fegte das Team von Coach Markus Hätinen den HC Cadore mit 4:0 vom Eis, in den beiden weiteren Heimpartien feierte man zwei überzeugende Siege gegen Piné und Gröden. Erst gegen Feltreghiaccio wurde die Siegesserie der Latscher Hockeycracks gestoppt, doch die Tabellenspitze gehörte weiterhin den Vinschgern. Mit zwölf Punkten nach aktuell sechs Partien (Stand: 11. November, Anm. d. Red.) liegen die Eisfix einen Punkt vor dem ersten Verfolger, dem HC Piné. Noch ein Punkt fehlt den Vinschgern in die Masterround, für die sich jeweils die Top 3 Mannschaften beider Kreise qualifizieren, einzuziehen. Diese Mannschaften sind zudem sicher für die Play-Offs qualifiziert. Zusätzlich qualifizieren sie sich auch für den Italienpokal, welcher zusammen mit den Teams der Italian Hockey League (IHL) ausgespielt wird.
Ein Heimspiel steht in der Vorrunde noch auf dem Programm. Und wenn sich die Vinschger dort so stark zeigen wie bisher - vor eigenem Publikum sind die Eisfix in dieser Saison bisher ungeschlagen – dann dürfte dieser eine Zähler mehr als möglich sein. Ein Erfolgsrezept der Vinschger könnte der aktuelle Kader sein. „Auch in dieser Saison bauen wir wieder auf eine gute Mischung zwischen erfahrenen und jungen Spielern!“, erklärt der Präsident des AHC Vinschgau Jürgen Pircher. Über den bisherigen Saisonverlauf zeigt sich Pircher mehr als erfreut: „Die Eisfix reden ein gutes Wort mit in der Liga!“ Eines steht fest: Wenn die Vinschger weiterhin an ihrer starken Leistung anknüpfen können, dann wird es für die Gegner schwer werden, ihnen den Platz an der Sonne zu nehmen.
AHC Vinschgau
Am 19. November bestreiten die Eisfix im IceForum von Latsch das letzte Vorrundenspiel. Der Puckeinwurf erfolgt um 19 Uhr. (sam)
AHC Vinschgau
Elf Teams nehmen an der IHL Division I teil. Die Teams sind in zwei Kreise eingeteilt. Die Vinschger spielen im Kreis Ost um das Play-Off Ticket und treffen dort auf den HC Cadore, HC Feltreghiaccio, HC Pinè und den HC Gherdeina C. (sam)
Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Martin, 11. November 2022
Sein dialektaler Name „Lämmergeier“ hat dem Bartgeier (Gypaetus barbatus) in den Alpen den Kragen gekostet. 1910 war im Alpenbogen seine letzte Brut registriert worden, 1930 wurde das letzte Exemplar dieser Vogelart im Aostatal abgeschossen. Dabei ist der Bartgeier ein reiner Knochen- und Aasfresser.
Historisch hat es im Alpenbogen vier Geierarten gegeben: Neben dem Bartgeier noch den Mönchsgeier (Aegypius monachus), den Gänsegeier (Gyps fulvus) und den Schmutzgeier (Neophron percnopterus).
1986 hat im Alpenbogen ein Wiederansiedlungsprojekt mit Freisetzungen von jungen Bartgeiern begonnen. Die Gründertiere für diese ausgewilderten Jungvögel stammten aus Zoos und Gehegen mit Großvolieren. 1997, elf Jahre nach den ersten Freilassungen, konnte die erste, lang ersehnte Freilandbrut von freigelassenen Eltern verzeichnet werden. Der Nationalpark Stilfserjoch ist nach wie vor Projektpartner des Wiederansiedlungsprojektes und des Internationalen Bartgeier-Monitorings IBM. Unser Schutzgebiet hat sich in den Jahren 2000 – 2009 aktiv am Wiederansiedlungsprojekt beteiligt: Im Marteller Schludertal wurden in fünf Freilassungsaktionen insgesamt 11 nicht ganz flügge Junggeier in eine künstliche Horstnische gesetzt und bis zu ihrer Flugfähigkeit gefüttert und überwacht.
Dank großzügiger Sponsorenbeiträge konnten auch schon einige Marteller Bartgeier mit Satellitentelemetrie bestückt werden. Dabei werden Minisender am Ansatz der Schwanzfedern aufgeklebt. Bis zum ersten Wechsel der Schwanzfedern im dritten Lebensjahr liefern die Sender wissenschaftlich wertvolle und präzise Daten zu den Flugradien, zur Raumnutzung und zu den Territorien der Vögel. Der Marteller Junggeier „Stift“ war 2002 am Tag seiner Freilassung (1.6.) besendert und von Hans Rubner, dem damaligen Präsidenten der Stiftung Südtiroler Sparkasse mit diesem Namen benannt worden. „Stift“, ein Weibchen, lebt noch, ist inzwischen 20 Jahre alt und seit Jahren mit „Tell“, einem Schweizer, verpaart und erfolgreiche Brutpartnerin in den Felswänden des Brauliotales auf der Veltlintaler Rampe zum Stilfserjoch.
Gleichzeitigkeitszählung im Oktober 2022
Bei freiwilliger Teilnahme von Hunderten passionierter Vogelfreunde und Vogelkundler hat auch im abgelaufenen Oktober die jährliche Gleichzeitigkeitszählung der Bartgeier im Alpenbogen stattgefunden. Dabei werden jedem Beobachterpaar bestimmte Planquadrate zugeteilt und alle Beobachtungen und Flugbewegungen innerhalb einer definierten Zeit und nach standardisierter Methode erfasst, protokolliert und in die Datenbank eingefügt. Im Nationalpark Stilfserjoch und darüber hinaus wird diese Zählung und sowie das ganzjährige Bartgeier- das Steinadler-Monitoring vom Ornithologen Dr. Enrico Bassi organisiert und koordiniert.
Die heurige Gleichzeitigkeitszählung der Bartgeier im Oktober bietet mir auch den Anlass, auf das Bartgeierjahr 2022 zurückzublicken. Die Daten dazu habe ich aus den Dreimonatsberichten von Juli und Oktober 2022 zusammengeschrieben, welche von der Stiftung Bartgeier VCF (Vulture Conservation Fondation) und dem Internationalen Bartgeier-Monitoring IBM (International Bearded Vulture Monitoring) gemeinsam herausgegeben werden.
Bruterfolge
Von den Ornithologen und Feldbeobachtern von VCF und IBM wurden im ablaufenden Jahr 2022 zwischen dem Französischen Zentralmassiv, dem gesamten Alpenbogen und auf der Insel Korsika insgesamt 79 territoriale Paare von Bartgeiern beobachtet und erfasst. Zehn von diesen erfassten Paaren haben 2022 nicht gebrütet. 69 Paare sind zur Brut geschritten. Zum Datum 3. August 2022 waren 34 Geier-Küken flügge geworden und 17 noch im Horst. Am Ende der Brutsaison 2022 waren dann insgesamt 51 Junggeier flügge geworden. Dies entspricht einer weiteren Steigerung der Bruterfolge gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2021 mit 44 ausgeflogenen Junggeiern.
18 Brüten sind 2022 gescheitert. Bemerkenswert ist, dass unter den 69 brütenden Paaren 16 Paare waren, welche in diesem Jahr ihre Erstlingsbrut gezeitigt haben.
Bartgeier 171: Kilian
Zu den Erstbrütern 2022 gehört auch der Bartgeier Kilian. Seine bisherige Lebensgeschichte will ich hier zusammenfassen. Das ist mir möglich, weil der Jagdaufseher im Revier Graun Stefan Folie am 1. Juni eine wissenschaftlich wertvolle Beobachtung gemacht und mir gemeldet hat. Durch das Spektiv war es Stefan gelungen, die Nummer 171 am linksfüßigen Ring eines am Boden über einer Beute verharrenden Bartgeiers abzulesen. Und am rechten Fuß des Vogels erkannte Stefan den violetten Farbring. Mit Hilfe von Enrico Bassi, den ich oben schon genannt habe, konnte der Bartgeier 171 als „Kilian“ identifiziert werden. Der Vogel, ein Männchen, ist 2014 im tschechischen Zoo Liberec geboren und zur Freilassung im Rahmen des Wiederansiedlungsprojektes zur Verfügung gestellt worden. Mit einem Satellitensender am Bürzel bestückt, ist Kilian im Juni seines Geburtsjahres im Debanttal im Kärntner Anteil des Nationalparks Hohe Tauern freigelassen worden. 2017 war er im Trafoital mit einer Flugdrohne gesucht worden, nachdem der Peilsender ständig Funksignale von ein und derselben Stelle ausgestrahlt hatte. Man musste daher auch den negativsten Fall annehmen, dass der Vogel irgendwo tot im Gelände läge. Bei der Drohnenortung wurde aber nur der Sender gefunden, der wohl beim Federwechsel abgefallen war. Vom Vogel selbst fehlte seit 2017 jede Beobachtung und jedes Lebenszeichen.
Die erfolgreiche Beobachtung mit der Erkennung der Ringnummer von anfangs Juni wurde für Stefan selbst wenige Tage nachher von noch größerem Erfolg gekrönt: Es gelang ihm der gemeinsame Anblick vom adult gefärbten Kilian mit einem juvenil gefärbten Jungen nebeneinander und am Boden. Heute wissen wir, dass Kilian mit einem bisher nicht identifizierten, mehr als sechsjährigen Weibchen das Brutpaar „Reschen“ bildet.
Bartgeier sind Vinschger
Kilian und sein Weibchen gehören damit zu den bisher fünf Südtiroler Bartgeierpaaren. Alle fünf haben sich bisher im Vinschgau niedergelassen. Als Landesrat Arnold Schuler im vorigen Jahr das präparierte Exemplar eines Bartgeiers nach dessen Stromtod in Taufers als Exponat für das Besucherzentrum avimundus in Schlanders übergeben hat, meinte er scherzhaft, der Bartgeier sei eh schon zum inoffiziellen Wappentier des Vinschgaues geworden.
Monogamie im Wanken
Die Ornithologen sind bisher davon ausgegangen, dass Bartgeier einehig leben und sich die Partner eines Paares, einmal verpaart, ihr Leben lang treu bleiben. Die Einschätzung des monogamen Verhaltens gerät aber zunehmend ins Wanken: Von den derzeit erfassten territorialen 78 Paaren in den Alpen bestehen fünf aus einem Trio.
Bestand
Alle fünf Vinschger Bartgeierpaare sind 2022 zur Brut geschritten und haben ihr Junges erfolgreich bis zum Ausfliegen aufgezogen. Insgesamt kommen wir im Nationalpark Stilfersjoch und in dessen Nachbartälern auf derzeit 12 Brutpaare. Im Nationalpark Gran Paradiso in Aosta und Piemont gibt es 5 Paare und im italienischen Teil der Nordwest-Alpen weitere 2 Paare. Somit beherbergen Italiens Alpen derzeit 19 der 79 bekannten Paare in den Alpen und auf Korsika (2).
Freilassungen werden fortgesetzt
Trotz der 51 erfolgreichen Naturbruten im heurigen Jahr 2022 wurden und werden die Freilassungen von Jungvögeln aus Gehegezuchten fortgesetzt. Es gibt im Wesentlichen drei Gründe dafür:
• Verbreiterung der genetischen Linien zur Vermeidung von Inzucht in kleinen, räumlich vielleicht auch noch isolierten Populationen (wie eben Korsika).
• Vergrößerung des Ausbreitungsareals auf die Randalpen.
• Verstärkung der Brücken zwischen den Populationen der Alpen und der Pyrenäen.
2022 wurden insgesamt 10 Jungvögel freigelassen: 2 auf Korsika, 2 in Andalusien, 4 im Französischen Zentralmassiv und 2 am Watzmann im deutschen Nationalpark Berchtesgaden Königssee.