„Wir müssen zulegen“

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„Bulgarisches Ergebnis“ für SVP-Bezirkobmann Albrecht Plangger, neue Gesichter in der SVP-Bezirksleitung und die „alten“ Delegierten für den SVP-Parteiausschuss v. l.: Luis Lechner, die neue Bezirksobmannstellvertreterin Irmgard Gamper, Albrecht Plangger, Renate Laimer, Harald Plörer, Kurt Ziernhöld, Dieter Pinggera, SVP-Obmann Philp Achammer und Martin Karl Pircher „Bulgarisches Ergebnis“ für SVP-Bezirkobmann Albrecht Plangger, neue Gesichter in der SVP-Bezirksleitung und die „alten“ Delegierten für den SVP-Parteiausschuss v. l.: Luis Lechner, die neue Bezirksobmannstellvertreterin Irmgard Gamper, Albrecht Plangger, Renate Laimer, Harald Plörer, Kurt Ziernhöld, Dieter Pinggera, SVP-Obmann Philp Achammer und Martin Karl Pircher

Schlanders/Vinschgau - Die SVP-Bezirkswahlen sind im Vinschgau unbeeindruckt von den SVP-Landeszuständen über die Bühne gegangen. Mit selbstbewusstem Blick nach vorne will man in die Landtagswahlen 2023 gehen und mindestens zwei Mandate mit einem Landesrat erringen. „Der Frust ist der Lust gewichen“, stellte Helmut Fischer nicht nur in Richtung Abi Plangger fest.

von Erwin Bernhart

Es mag Zufall gewesen sein, dass der SVP-Bezirksausschuss Vinschgau just am 29. April am Abend den Termin für die Neuwahlen festgelegt hat. Denn am 29. April fand am Vormittag die Sondersitzung des Südtiroler Landtag statt, bei der ausschließlich über die Verkleinerung der Landesregierung auf Antrag von LH Arno Kompatscher debattiert und abgestimmt worden ist. Nach heftigen Attacken aus den Reihen der Opposition ging der LH-Antrag dann beim ersten Wahlgang mit 18 Dafür-Stimmen, einer Enthaltung und 16 Gegenstimmen glatt durch. Thomas Widmann ist seit dem 29. April nicht mehr Landesrat, nicht mehr Mitglied der Landesregierung. LH Arno Kompatscher übernimmt ad interim die Sanität. Damit hat der Vertrauensbruch, den es unter anderem auch aufgrund der von Widmann in den Abhörprotokollen aufgezeichneten und im Buch „Freunde im Edelweiß“ von Christoph Franceschini und Artur Oberhofer zitierten Äußerungen, konkrete politische Formen angenommen.
Dies vorausgeschickt hat die SVP-Bezirksausschusssitzung im Gamperheim in Schlanders eine ganz andere Stimmung in der SVP des Vinschgaus abgegeben. Der Vinschgau ist von den Bozner und Pusterer Skandalen rund um die SAD-Affäre unangetastet, unbefleckt und befreit. So konnten die Partei-Mandatare im Vinschgau diese in der Landes-SVP aufzuarbeitenden Zwistigkeiten ausblenden und den Fokus auf den Vinschgau legen.
Albrecht Plangger etwa, seit März 2017 zum SVP-Bezirksobmann gewählt, erwähnte mit keinem Wort die Zustände in den höchsten Parteigremien. Im Gegenteil. Plangger zählte in seinem Rückblick Erfolge und noch zu erledigende Angelegenheiten auf. Man habe die Landtagswahlen 2018 geschlagen, beim Krankenhaus und bei der Geburtenabteilung dazugewonnen. „Wir haben sogar mehr Primare erhalten, als wir gefordert haben“, sagte Plangger. „Wir haben erreicht, dass der Rettungshubschrauber in Laas stationiert ist und in den vergangenen drei Jahren hat das gut geklappt.“ Offene Baustellen gebe es beim Park, beim Joch, bei der Straße, beim Gewässerschutzplan, bei der Landesraumordnung, beim Landestourismusentwicklungskonzept. „Bei den bevorstehenden Parlaments- und bei den Landtagswahlen müssen wir zulegen“, forderte Plangger die zahlreich erschienen SVP-Ortsobleute und Bürgermeister auf. Mit 12 SVP-Bürgermeister:innen habe man parteimäßig bei den Gemeinderatswahlen gut abgeschnitten.

Großes Interesse

Und bei den Wahlen zu den SVP Ortsausschüssen konnte mit 15 wiedergewählten und mit 22 neuen Ortsobleuten großes Interesse an der Parteiarbeit festgestellt werden. Allerdings gehe es mit der Anzahl der Mitglieder bergab. „Im Winter hatte ich einen Frust“, sagte Plangger. Immerhin sei die Jochgesellschaft gegründet worden. Die Bozner haben da einen großen Wirbel gemacht. Er sei zur Pressekonferenz gar nicht eingeladen worden, er sei trotzdem hingegangen und habe sich auch als Uneingeladener gefühlt. „Da muss man wohl böser sein“, sagte Plangger in seiner direkten Art.
Auch beim Parkplan müsse man „böser“ werden. Der Parkplan, so sei es ausgemacht, soll am 1. Juli genehmigt werden. Immerhin laufe die Rotwildentnahme durch die rund 400 Selecontrollori gut. Am 13. Mai soll der Vertrag zur Zusammenarbeit zwischen dem KH Schlanders und dem Krankenhaus in Sta. Maria im Val Müstair unterschreiben werden. Heuer seien, nach vielen Interventionen, endlich drei neue Schneefräsen angekauft worden. „Wenn sich niemand darum gekümmert hätte, hätten wir nicht einmal Schneefräsen.“ Beim Umspannwerk in Goldrain stehe der neue Masten. Dafür sei der Latscher BM und er selbst „gerannt“. Die Steinschutzgalerie in der Latschander sei mit 8,3 Millionen Euro endlich genehmigt und auf dem Tisch.
Am 9. Mai finde eine Aussprache mit den Landesräten Bessone und Achammer bezüglich der Teifbauhalle an der Landesberufsschule Schlanders statt. Noch offen sind die Dinge beim Schülerheim in Mals und beim Schnellbus Mals-Landeck.
Der ehemalige Latscher BM Helmut Fischer, eröffnete als Vize-Bezirksobmann als Wahlpräsident den Wahlvorgang. Es war der Martgeller BM Georg Altstätter, der Plangger offiziell als Kandidat für eine Wiederwahl als SVP-Bezirksobmann vorgeschlagen hat: „Der Abi hat sich sehr bemüht, auch in den vergangenen schwierigen Jahren. Der Abi ist der Richtige.“ Dafür brandete großer Applaus auf.

„Ich spüre noch Lust“

Plangger ließ es sich nicht nehmen, sich als Kandidat nochmals vorzustellen. „Ich spüre noch Lust, in der Partei mitzuarbeiten. Mir passt es, den Vinschgau auf und nieder zu kesseln.“ Und zu den medialen Vorwürfen, dass er in Rom durch eine hohe Abwesenheitsquote glänze, sagte Plangger: „Ich bringe die Parlamentsarbeit und die Parteiarbeit schon unter einen Hut. Ich weiß, was wichtig ist.“
Im kommenden Jahr sind Landtagswahlen. „Da müssen wir uns wehren, sonst ist im Landtag zu viel Osten“, spielte Plangger auf die derzeitige Übermacht der Pusterer an. Er hoffe auf die Jungen und dass bei den Stimmrechten zugelegt werden kann. Wichtig sei die gute Zusammenarbeit zwischen den Bürgermeister:innen und der Partei. Und er freue sich auf die weiblichen Impulse, die von der neuen SVP-Vize-Bezirksobfrau kommen werden.

Augen zu und durch

Albrecht Plangger hat damit ein Stimmungsbild der SVP im Tal skizziert, ohne auch nur im Geringsten die landesweite SVP-Zustände zu erwähnen. Nach dem Motto Augen zu und durch. Oder: Eigenmotivation mit Blick nach vorne.
Als Kandidatin für Planggers Stellvertreterin hat die Bezirksfrauenreferentin Christina Bernhart Irmgard Gamper vorgeschlagen. Gamper ist Wirtschaftsreferentin in der Gemeinde Latsch, war 20 Jahre lang für die Nordtiroler Kette MPreis maßgeblich am Aufbau der Südtiroler Filialen beteiligt und ist derzeit im Immobilienbereich tätig. „Wir müssen uns von innen her stärken, den Zusammenhalt leben, unsere Eigenarten bewahren und nach außen auf Augenhöhe mitreden und uns nicht unterkriegen lassen“, beschreib Gamper ihre Motivation zur Kandidatur. Es sei notwendig, dass der SVP-Obmann und der LH des Öfteren in den Vinschgau kämen. Der SVP-Bezirk Vinschgau sei für die Landtagswahlen strategisch gut aufzustellen und es müsse „uns ein großes Anliegen sein, dass Vinschger Wähler:innen auch Vinschger Kandidaten wählen“.
Albrecht Plangger wird „bulgarisch“ mit 35 Stimmrechten (von 35 anwesenden Stimmrechten - zur Erinnerung 2018 waren es noch 53) wiedergewählt. Irmgard Gamper erhält 33 Stimmrechte (zwei weiße).
Fünf Mitglieder für die Bezirksleitung waren zu wählen und von den 7 Kandidaten hat Peter Tapfer aus Vetzan seine Kandidatur zurückgezogen. Mit Luis Lechner (14 Stimmrechte), Renate Laimer (11) und Kurt Ziernhöld (12) wurden drei „Altgediente“ gewählt und mit Martin Karl Pircher aus Kastelbell (13) und Harald Plörer aus Morter (12) kommen zwei neue hinzu. Detail am Rande: Von der Marktgemeinde Mals war fast der gesamte Gemeindeausschuss anwesend, aber die Ortsgruppen dort sind aufgrund geringer Mitgliederzahlen ohne Stimmrecht. Bemerkenswert war der Auftritt vom jungen Politikwissenschaftler Martin Pircher, seit 2021 Ortsobmann in Kastelbell und in der SVP-Zentrale in Bozen tätig, der als einziger Bezug auf die Krise in der SVP genommen hat. „Die letzten Wochen waren nicht einfach.“ Demut sei angebracht, aber auch Selbstbewusstsein. Denn der überwiegend größte Teil der SVP-Mitglieder und Mandatare arbeiten für das Land. „Wir müssen besser netzwerken, damit wir kompakter werden“, sagte Pircher.
Die Wahlen für die zwei Delegierten im Parteiausschuss fielen für Dieter Pinggera (20 Stimmrechte) eindeutig und für Roselinde Gusnch (8) weniger eindeutig aus. Denn der aus Krankheistgründen fehlende junge Architekt Thomas Stecher, der von Michael Theiner, dem Sohn von Richard Theiner, vorgestellt worden ist, kam auf 6 Stimmrechte.

„Er soll uns den Abend nicht vermiesen“

Mit einem „er soll uns nicht den Abend vermiesen“ übergab Helmut Fischer das Wort an SVP-Obmann Philip Achammer. „Wir brauchen an der Spitze Leute, die es ehrlich meinen mit der Partei. Der Abi ist das zu 1000%“, streute Achammer Blumen in den Vinschgau. Er komme bestärkt in den Vinschgau, nach einem anstrengenden Tag. Nach dem von der Opposition im Landtag vorgebrachten Requiem im Landtag warf Achammer der Opposition Doppelmoral vor. Kritik komme gerade von jenen, die im Laufe der Legislatur ein Drittel ihrer Mandatare verloren hätten. Und wenn da einige Einzelne von „Wir“ sprächen, da sei schon viel Doppelmoral dahinter. Wie wohl noch nie zuvor schauen der LH und er zusammen. „Aber obermoralische Ansprüche tun uns nicht gut.“ Er sehe das Buch „Freunde im Edelweiß“ kritisch, er habe sich oft geschämt. Er habe mit den Abhörprotokollen nichts zu tun. Achammer rief zu Professionalität auf. Und: Die SVP gebe es auch morgen, ohne einen Achammer oder einen Kompatscher. Wer progressiv oder konservativ in der Partei sei, stelle sich nicht wirklich, denn nur eines davon sei falsch. Man müsse auf alle Gruppierungen schauen, mit Handschlagqualität. „Neid hat Südtirol nicht groß gemacht, Ausgleich schon.“ Den von Irmgard Gamper eingeforderten Besuch von LH und SVP-Obmann kommen man noch im Sommer nach. Er hoffe stark, dass das problematische West-Ost-Gefälle beseitigt werden könne. Er wünsche sich auch, dass der Vinschgau wieder in der Landesregierung vertreten sein solle.
Zum Schluss der Versammlung gab Plangger dem Landtagsabgeordneten Sepp Noggler die Gelegenheit, über das bevorstehende Referendum aufzuklären. Es gehe um das 2008 erstellte Gesetz für die direkte Demokratie. Es seien da Korrekturen notwendig gewesen und man habe mit einem Antrag und mit der Mehrheit den Passus entfernen können, der als „bestätigende Volksabstimmung“ ermöglicht hätte, dass ein Landesgesetz mit 300 Unterschriften blockiert werden hätte können. Alle anderen Instrumente für die direkte Demokratie blieben aufrecht. Beim Referendum gehe es nun darum, ob man diese 300 Unterschriften zur Blockade eines neuen Landesgesetzes wolle oder nicht. Jeder Haushalt werde demnächst eine erklärende Broschüre erhalten. „Wir werden Schwierigkeiten haben, unsere Leute zur Wahl zu bringen. Die anderen Hooligans gehen sicher hin“, wies SVP-Obmann Achammer darauf hin, dass man dieses Thema sicher nicht hochspielen wolle.

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