Schnalsywood meets Hollywood

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Ötzi-Darsteller Jürgen Vogel und Regisseur Felix Randau am Vernagtsee; (Foto: TG Schnalstal) Ötzi-Darsteller Jürgen Vogel und Regisseur Felix Randau am Vernagtsee; (Foto: TG Schnalstal)

Wie sich das Schnalstal zu einer der beliebtesten Filmdestinationen gemausert hat. Ein Interview mit Manfred Waldner, Direktor der Tourismusgenossenschaft Schnalstal

 

Vinschgerwind: Herr Waldner, wie kommt man zu so einem großen Film wie „Heart of Stone“, der jüngst von Netflix im Schnalstal gedreht wurde?
s44 Foto 1Manfred Waldner: Wir haben uns im Tal seit Jahrzehnten wertvolle Kompetenzen angeeignet und Erfahrung im Filmgeschäft aufgebaut; begonnen hat alles mit dem Ötzifund im Jahre 1991. Zahlreiche internationale TV-Stationen waren damals bei dieser Weltsensation zu Gast und bis heute werden Dokumentationen und Kinofilme zu Ötzi gedreht. Die von National Geographic gedrehte Doku hatte den Titel: „Der älteste Mordfall der Weltgeschichte“, der gute alte Ötzi liefert immer noch besten Filmstoff.
Wir wissen, was für eine Filmproduktion im Tal und am Berg benötigt wird und die Bewohner des Tales bringen alle ihre Kompetenzen mit ein. Vom Gastgeber, Caterer, Bergführer, Pistenraupenfahrer, Bergrettung, Aufstiegsanlagen, Laienschauspieler, Stuntmans, Seilbahnbauer usw.; eine Filmproduktion benötigt viele Hände.
Wir haben uns im internationalen Filmgeschäft Netzwerk einen Namen aufgebaut und man pflegt mittlerweile gute Freundschaften. Erst kürzlich war Andreas Prochaska im Tal und man hat bei einem guten Kitzbraten und einem Glas Wein über die Möglichkeiten eines zweiten Teiles von „Das Finstere Tal“ diskutiert.
Seriosität, Zuverlässigkeit, gute Kommunikation, Resilienz und „Geht nicht, gibt’s nicht“, gehört zu unserem Rezept. Und natürlich auch die herrliche Natur- & Kulturlandschaft von Juval, über die Ötzi-Fundstelle bis zum Gletscher: Man hat auf knapp 30 km ein kleines „Neuseeland“. Das Schnalstal s44 Foto 3zählt inzwischen zu den beliebtesten Filmdestinationen im gesamten Alpenraum.

Vinschgerwind: Die Wertschöpfung eines Filmprojektes ist ja immer unmittelbar gegeben und wie sieht es mit der Werbebotschaft aus?
Manfred Waldner: Eine Filmproduktion bringt immer unmittelbare Wertschöpfung, die Filmteams müssen ja beherbergt und bewirtet werden. Für die Produktion von „Heart of Stone“ waren bis zu 600 Personen zwischen Schnals und Naturns aktiv. Die Werbebotschaft für die Destination ist immer direkt oder indirekt vorhanden. Den Ötzi-Film „Der Mann aus dem Eis“ mit Jürgen Vogel wurde von der Locationsuche über den Dreh bis zur Premiere begleitet. In sämtlichen Kommunikationsmitteln wird die Destination Schnalstal genannt.
Ein guter Partner, Juri Baruffaldi hat uns vorgeschlagen, ein Musikvideo des bekannten Rappers Jay-X im Tal zu drehen. Ich war selbst ein wenig erstaunt, denn Videos von Rappern finden normalerweise vor anderen Kulissen statt. Als wir dann das Drehbuch sahen und im gesamten Video die schöne Naturlandschaft des Tales und des Gletschers vorkommt, hat uns das Projekt sehr gefallen. Das Musikvideo von „Jay-X intro feat. Bianca Atzei“ wurde bereits über 90 Mio. Mal auf YouTube angesehen und alle Betrachter nehmen die schönen Naturkulissen des Tales bis zum Gletscher wahr. Diese Werbebotschaft ist für die Tourismusdestination Schnalstal sehr wertvoll und äußerst gewinnbringend.
Bei „Heart of Stone“ wird die Werbebotschaft etwas ganz besonders sein, denn die Verantwortlichen der Schnalstaler Gletscherbahn AG haben es geschafft, als Productplacement das Skigebiet namentlich und filmisch, in der Filmhandlung unterzubringen; so eine Werbebotschaft ist s44 Foto 4unbezahlbar.
Der Filmstandort Schnalstal hat sich auch als Werbespot- und Fotoshooting Location profiliert. Unternehmen wie Fielmann, VISA, Mercedes Benz, LG, The North Face, Champion, Ferrero, Oldo, Maloja, GQ, Vogue, Nordica, LIDL oder Salewa, um einige zu nennen; arbeiten hier bei uns regelmäßig.

Vinschgerwind: Solche Megaproduktionen wie „Heart of Stone“ bringen sicherlich auch Probleme mit sich?
Manfred Waldner: Unsere Strategie als Filmstandort war und ist es immer, dass Filmproduktionen außerhalb der Hoch-Saisonen stattfinden, so können die schwachen Nebensaisonen lukrativ gefüllt werden. Bei „Heart of Stone“ war es nicht einfach, denn die Hauptdrehzeit fiel in die Faschingswochen; als die Verträge zum Dreh im Dezember unterzeichnet wurden, war bei unseren Nachbarn im Ötztal covid-bedingt Lockdown und die Angst war groß, dass dieser auch zu uns kommt. Deshalb war die Option, den Film zu realisieren, groß.

s44 Foto 5 Gadot Picture Alliance Image Press AgencyVinschgerwind: Welche Filmgrößen spielen bei „Heart of Stone“ mit?
Manfred Waldner: Der Regisseur ist der Engländer Tom Harper der bereits Regie bei der erfolgreichen Netflix Serie „Peaky Blinders“ und dem Sozialdrama „This is England 86“ seine Künste zeigen konnte. Neben Gal Gadot welche mit dem Film „Wonder Woman“ weltberühmt geworden ist, waren am Gletscherfilmset der Hollywoodstar Jamie Dornan („Fifty Shades of Grey“ und „Belfast“), der deutsche Schauspieler Matthias Schweighöfer und Sophie Okonedo.

Vinschgerwind: Sind im Schnalstal auch neue Unternehmungen zum Filmgeschäft entstanden?
Manfred Waldner: Ja, z.B. ein Paradebeispiel dafür ist der Hüttenwirt der Schönen Aussicht, Paul Grüner. Das Schauspielerteam von „Das Finstere Tal“ war mit dem mitgebrachten Caterer aus Berlin nicht besonders einverstanden. Es kam sogar zum Filmstreik, denn das Essen schmeckte am Filmset überhaupt nicht. So sprang Tausendsassa Paul Grüner ein und das war die Geburtsstunde für seinen mittlerweile beliebten und international gebuchten Filmcatering-Service „Ö wie Knödel“ alá Südtiroler Spezialitäten und gutem, gesunden Essen.

Vinschgerwind: Wann steht die nächste Filmpremiere an?
Manfred Waldner: Demnächst findet in Cannes die Premiere des Films „Tiger´s Nest“ statt. Unser Location-Scout und Wanderführer Richard Rainer, der jeden Stock und Stein von Juval bis nach s44 bondgirlVent kennt, hat mit dem Filmteam die bevorzugten Plätze gefunden; somit wurden 80 % des Films im Tal gedreht.
Die Premieren sind immer der Höhepunkt jeder Filmproduktion, man feiert und netzwerkt. Zur Premiere von Everest in Venedig war u.a. Staatspräsident Sergio Mattarella anwesend. Ich persönlich freu mich immer am meisten über die Südtiroler Schauspieler*innen die bei unseren Filmen mitgewirkt haben.

Vinschgerwind: Wann steht der nächste Filmdreh an?
Manfred Waldner: Seit Anfang Mai wird die erste Folge der TV-Serie „Schnee“ mit internationaler Besetzung im Tal gedreht. Es geht um recht kritischen Filmstoff, die Filmserie setzt sich unter anderem mit dem Rückgang der Gletscher auseinander. Produktionsfirma ist X-Filme Berlin, welche auch „Das Finstere Tal“ produziert hat.

Vinschgerwind: Herr Waldner, Danke für das Interview!
Manfred Waldner: Gerne, Danke auch an Euch.

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