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Dienstag, 30 Oktober 2018 12:00

Justitia und das Würfelspiel

Aus dem Gerichtssaal - Dass die Justitia eine eher launische Göttin ist, wussten schon die alten Römer. Wohl auch deswegen wird sie häufig nicht nur mit dem Richtschwert und der Waage, sondern auch mit verbundenen Augen abgebildet. Lästerer meinen gar, sie wäre dadurch mit Blindheit geschlagen. Und weil damit dem Zufalls-prinzip Tür und Tor geöffnet wäre, hält sich im Dunstkreis der Justitia hartnäckig die Meinung, vor Gericht und auf hoher See befände man sich allein in Gottes Hand! Nach über 50 Jahren im Umgang mit der Justiz tue ich mich schwer, dieser Volksmeinung zu widersprechen. Anhand eines konkreten Beispiels  aus meiner beruflichen Praxis finde ich die Skepsis sogar noch bestätigt: Vor ungefähr 10 Jahren verkauften Private einen im Bauleitplan der Gemeinde Laas als landwirtschaftliches Grün ausgewiesenen Grund an die Obstgenossenschaft ALPE, die darauf ein Lager für ihre Großkisten errichtete. Das Steueramt bekam von dieser „Verbauung“ Wind, sah darin eine Umwandlung von landwirtschaftlichem in Baugrund und wollte diese „Wertsteigerung“ mit einer gesalzenen Steuer von ca. 70.000 Euro belegen. Gegen diese Vorschreibung legten die Betroffenen Rekurs an die Steuerkommission in 1. Instanz ein und bekamen Recht. Der Fiskus ließ nicht locker und ging in die Berufung. Die Steuerkommission in 2. Instanz wies die Beschwerde ab und verdonnerte den Staat sogar zu einem Teil der Kosten, worauf die Staatsadvokatur den Fall bis vor die Kassation brachte. Und nun begann die große Zitterpartie: In einem gleich gelagerten Fall aus Kastelbell hatte der Oberste Gerichtshof im Jahre 2012 der Steuerbehörde Recht gegeben und zwei vorangegangene, für den Steuerzahler positive Entscheidungen aufgehoben. Der Fall des Verkaufs an die ALPE kam 5 Jahre später, also 2017, immer vor einem Sondersenat für Steuersachen bei der Kassation, allerdings in einer anderen personellen Besetzung, zur Entscheidung. Welcher Rechtsauffassung würden die Richter den Vorzug geben? Trotz des „gefährlichen“ Präzedenzfalles aus Kastelbell entschied der Senat: für die Widmung als Bauland ist allein der Bauleitplan maßgebend, der Rest ist landwirtschaftliches Grün, einen Zwittergrund gibt es nicht. Es folgte das große Aufatmen, zumal dem Staat auch noch ein Teil der Kosten aufgebrummt wurde. Allerdings war der Ausgang des Verfahrens ungefähr so sicher wie der eines Würfelspiels!
Peter Tappeiner
Rechtsanwalt    

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Publiziert in Ausgabe 22/2018

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