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Montag, 11 April 2016 12:00

Die perfekte Straftat

Aus dem Gerichtssaal -  Der „casus“ hat sich vor ca. 20 Jahren im Gemeindegebiet von Laas zugetragen und wurde anschließend vor dem Bezirksgericht Schlanders verhandelt. Angeklagt war ein Laaser, und zwar weil er im Nationalpark ein Reh erlegt hatte. Das Besondere am Fall war, dass sich kein „corpus delicti“, also das angeblich erlegte Wild, finden ließ! Denn so wie ein Mord ohne Leiche schwer vorstellbar ist, musste der Öffentliche Ankläger auch im Fall des Wilderers ohne Beute schließlich „die Flinte ins Korn“ werfen.
Doch wollen wir die Geschichte der Reihe nach erzählen: Zwei uniformierte Parkhüter beobachteten vom Spiesshof auf dem Nördersberg aus die Laaser Wiesen, als ihnen ein Fahrzeug auffiel, das sich dort zwischen den Obstbäumen auf den Bahnkörper der damals noch stillgelegten Vinschgerbahn zubewegte. Dem Auto entstieg ein Mann, der sich am Rande des Bahnkörpers hinlegte und auf seinem Rucksack ein Gewehr in Anschlag brachte. Nach einiger Zeit fiel ein Schuss, welcher in Richtung der gegenüberliegenden Talseite abgefeuert wurde. Der Mann packte gleich darauf sein Schießeisen wieder ein und fuhr in Richtung Laas davon. Die Uniformierten hatten den Jäger zwar mit ihren Ferngläsern erkannt, machten sich aber zunächst auf die Suche nach der „Beute“. Doch wie sie die Gegend auch absuchten, vom erlegten Wild fand sich keine Spur! Zwar ließen geknickte Zweige und Grashalme eine leichte Schleifspur erkennen, doch das erlegte Wild konnte auch ein eingesetzter Spürhund nicht auffinden. Als die „Parkranger“ anschließend dem Übeltäter die Straftat vorhielten, fiel der aus allen Wolken! Auch im anschließenden Strafverfahren beteuerte er leidenschaftlich seine Unschuld und schwor Stein und Bein, nie in seinem Leben an der von den Parkhütern angegebenen Stelle einen Schuss abgefeuert zu haben. Die unsichere Beweislage und vor allem das Fehlen des „corpus delicti“ bewog schließlich den Richter, den Laaser aus Mangel an Beweisen freizusprechen.
Das Verfahren nahm dann allerdings ein ungewöhnliches Ende. Als der Richter den Verhandlungssaal verließ, traf er im Vorraum den Angeklagten und forderte ihn auf, sich für den Freispruch bei den Verfahrensbeteiligten wenigstens mit einer Lokalrunde zu revanchieren. Und so begaben sich Richter, Staatsanwalt, Parkhüter und Beschuldigter ins nahegelegene Gasthaus und zechten dort so ausgiebig, dass dem Angeklagten die Augen übergingen, als er schlussendlich nach der Rechnung fragte! In der weinseligen Stimmung wurde der „Übeltäter“ gesprächiger und lieferte dann auch die Erklärung für das fehlende Beweisstück: Ein auf der gegenüberliegenden Talseite postierter Komplize hatte auf den „Startschuss“ gewartet und den „corpus“ sofort abtransportiert. Rechtlich musste dieses verspätete Geständnis ohne Folgen bleiben, denn im Strafrecht gilt der Grundsatz des „ne bis in idem“, nämlich dass man nicht zweimal wegen der gleichen Sache auf die Anklagebank gebracht werden kann.
Peter Tappeiner,
Rechtsanwalt  

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Publiziert in Ausgabe 8/2016

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