Wälder und Felder unter Druck, Ergebnisse dennoch im Spitzenfeld

Einblicke in Alltag, Fakten und Daten aus Land- und Forstwirtschaft sind im Agrar- und Forstbericht nachzulesen. Auszüge präsentierte Landesrat Schuler heute (12. Juli) bei einer Pressekonferenz. (Foto: LPA/Fabio Brucculeri) Einblicke in Alltag, Fakten und Daten aus Land- und Forstwirtschaft sind im Agrar- und Forstbericht nachzulesen. Auszüge präsentierte Landesrat Schuler heute (12. Juli) bei einer Pressekonferenz. (Foto: LPA/Fabio Brucculeri)

Südtirols Landwirtschaft mischt weltweit im Spitzenfeld mit. Probleme werden als Herausforderungen angegangen. Dies das Fazit von LR Schuler, der heute den Agrar- und Forstbericht 2022 vorgelegt hat. 

Vor allem die Wetterbedingungen machen den Land- und Forstwirten zu schaffen: Schneedruck und Windwurf mit Borkenkäfer als Folge in den Wäldern, Trockenheit und Unwetter mit Ernteausfällen in der Landwirtschaft haben auch vor Südtirol nicht Halt gemacht. Dazu kommt das auch emotional beladene Thema Großraubwild. Zahlen aus dem ganzen Bereich finden sich im Agrar- und Forstbericht 2022, der heute (12. Juli) vorgestellt wurde. Dabei haben Landesrat Arnold Schuler und die Verantwortlichen der einzelnen Abteilungen einige Aspekte in den Vordergrund gerückt. 

Auszahlungspreise top, stolz auf geringe Abwanderung

"Ich hebe, trotz der unterschiedlichen Schwierigkeiten und Herausforderungen aufgrund der Kleinstrukturiertheit, den Höhenlagen und der Steilheit der Landschaft, die positiven Aspekte hervor: Südtirol mischt weltweit in der Vermarktung von Qualitätsprodukten ganz vorne mit. Auch ist die Abwanderung von Höfen im gesamten Alpenbogen problematisch, während hierzulande die Bauern und Bergbauern zum Vorteil der Bevölkerung, des Landschaftsschutzes und auch des Tourismus auf ihren Höfen bleiben. Bei den Auszahlungspreisen von Wein, Obstbau und Milch sind wir Spitze in der EU und ganz vorne im weltweiten Vergleich. Die Wertschöpfung des Nebenerwerbszweigs Urlaub auf dem Bauernhof ist wohl auch weltweit unvergleichbar", resümiert Landesrat Arnold Schuler. Um all das halten zu können, gibt das Land viele Eigenmittel, aber noch mehr EU- und Staatsgelder für Förderungen der (Berg-)Landwirtschaft aus. Beispielsweise wurden in den letzten zehn Jahren über 300 Millionen Euro für Beiträge für die Sanierung der Wege und Trinkwasserleitungen ausbezahlt, im heurigen Nachtragshaushalt, über den der Landtag im Juli befinden wird, sollten weitere 35 Millionen Euro für die Landwirtschaft zweckgebunden werden. 

Insgesamt solle der Agrar- und Forstbericht Einblicke in die unterschiedlichen Bereiche von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei, Landesdomäne und Versuchszentrum Laimburg und die landwirtschaftliche Aus- und Weiterbildung und Forschung bieten, aber auch Nachschlagwerk für künftige Entscheidungen sein. "Unser Ziel ist es, den Bäuerinnen und Bauern Planbarkeit und Perspektiven zu bieten", sagt Schuler.

Goldgelbe Vergilbung: Rodungs- und Meldepflicht

"Aufgeregt" sei das Jahr für die Landwirtschaft gewesen, sagte Martin Pazeller, Direktor der Abteilung Landwirtschaft. Die Ukrainekrise habe vor allem den Milchsektor durch stark erhöhte Kraftfutter- und Energiepreise getroffen. Die Landwirtschaft stellte bei der Pressekonferenz das Thema Pflanzenschutz in den Mittelpunkt. "Unser Dienst hat die Aufgabe, die Pflanzengesundheit zu überwachen und erhalten, zudem stellen wir Zertifikate für den Export der Qualitätsprodukte in Nicht-EU-Länder aus", erklärte Andrea Simoncelli, Inspektor des Landespflanzenschutzdienstes. Dies seien allein 8500 bis 10.000 Dokumente für den Export von 150.000 Tonnen Äpfeln nach Saudi Arabien, Indien, Ägypten und Norwegen. 

In Sachen Pflanzengesundheit sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefordert: Sie machen Sichtkontrollen auf Feldern, in Wäldern, Äckern und Obstanlagen, entnehmen aber auch präventiv Bodenproben (beispielsweise vor der Anlage von Saatkartoffelfeldern), um die Präsenz von neuen Schädlingen festzustellen. "2022 haben wir keine neuen Schädlinge nachweisen können, aber altbekannte wie jene, die den Feuerbrand auslösen (52 Fälle) und jene, die für die Goldgelbe Vergilbung verantwortlich sind", erläuterte Simoncelli. Die Goldgelbe Vergilbung dürfe nicht unterschätzt werden. In den Gemeinden Salurn und Kurtinig gilt Rodungspflicht bei Verdachtsfällen, im restlichen Anbaugebiet herrscht Meldepflicht. Der Landespflanzenschutzdienst arbeitet eng mit dem Kompetenzzentrum für Pflanzengesundheit der Freien Universität Bozen, dem Beratungsring und dem Versuchszentrum Laimburg zusammen. 

Trauttmansdorff als Kompetenzzentrum für Pflanzenstärkung

"Das zehnjährige Schwerpunktprogramm des Versuchszentrums Laimburg wurde im Laufe des Jahres 2022 in fast 400 Projekten und Tätigkeiten behandelt. Im Agrar- und Forstbericht 2022 stellen wir einige Kostproben zu den aktuellen Themen Klimawandel, Pflanzengesundheit, Sortenprüfung, Mechanisierung, Qualitätsnachweis und Digitalisierung vor", sagt Walter Guerra, Vize-Direktor der Laimburg. Auch die Uni Bozen kann mit zahlreichen Forschungsergebnissen aufwarten. "Unsere Forschung ist darauf ausgerichtet, Bäuerinnen und Bauern und Stakeholder zu unterstützen. Wir forschen im Bereich innovative Technologien und Energieeffizienz in der Agrar- und Forstwirtschaft und versuchen, Anhaltspunkte für einen möglichen Umgang mit den Folgen des Klimawandels zu geben", berichtet Camilla Wellstein vom Kompetenzzentrum für Pflanzengesundheit der Universität Bozen. 

Von einem spannenden Projekt berichtete Albert Wurzer, Direktor der Abteilung Landesdomäne. 75.000 Hektar der Oberfläche Südtirols sind Landesdomäne. "Wir haben Feuchtigkeitssensoren verlegt, die automatisch die Tropfberegnung auslösen. So konnten wir 50 Prozent Wasser und durch verminderte Pumpzeiten auch Energie sparen", berichtet Wurzer. Zur Landesdomäne gehören auch die Gärten von Schloss Trauttmansdorff. "2022 haben wir 387.035 Besucher verzeichnet, immer mehr sind Familien. Stolz sind wir darauf, dass Trauttmansdorff immer mehr zu einem Kompetenzzentrum für Pflanzenstärkung wird: Es wird weniger gedüngt, wir produzieren selbst Kompost, es werden Regenwürmer und andere Nützlinge eingesetzt und keine Pflanzenschutzmittel ausgebracht", sagt Wurzer. Gleich wie im übrigen Landesgebiet hat der Borkenkäfer auch in den Wäldern der Landesdomäne Schaden angerichtet: Allein aus den Latemar-Wäldern mussten 18.000 Festmeter Käferholz gebracht werden. 

Schadensbegrenzung bei Borkenkäfer und Großraubwild

"Der Wald ist gestresst", resümierte Günther Unterthiner, Direktor der Landesabteilung Forstwirtschaft. Der Flug der Borkenkäfer erfolge im laufenden Jahr zwar später als im vergangenen Jahr, aber die Auswertung der Pheromonfallen zeige, dass viele Borkenkäfer den Winter überlebt haben. "Ende 2022 hatten wir 6000 Hektar befallene Fläche, im laufenden Jahr ist eine Zunahme zu erwarten", sagt Unterthiner. Im Forstgarten sei die Produktion von Jungbäumen erhöht worden - "auch von anderen einheimischen Arten; allerdings ist und bleibt Südtirol über einer Meereshöhe von 1000 Metern ein Fichtengebiet und die Fichte wird weiterhin die wichtigste Baumart in unseren Wäldern bleiben", sagt Unterthiner. 

Geschärft bleibe der Blick der Abteilung Forstwirtschaft in Richtung Schutzwald. "Zwei Drittel des befallenen Waldes sind Schutzwald, ein Drittel davon ist Objektschutzwald, also Wald, der direkt Siedlungen und Infrastrukturen schützt", sagt Unterthiner. Für die Waldeigentümer gibt es Beiträge, so wurden 2022 über zehn Millionen Euro an Bringungsprämien für Schadholz ausgezahlt. 

Zweites Thema aus der Forstwirtschaft sind die Großraubtiere. "Derzeitiger Schwerpunkt ist der Schutz der Heimweiden, deren Errichtung auf Betreiben des Landesrates mit Landesbeiträgen unterstützt wird", sagt Unterthiner. Insgesamt wurden von 2018 bis 2022 32 Gesuche für Herdenschutz genehmigt, zudem laufen zehn Pilotprojekte. An Schadensvergütungen für Nutztierisse und Schäden wurden 213 direkte Anträge genehmigt und dafür 157.707 Euro ausbezahlt. Das Interesse am Herdenschutz scheint zu steigen: Der Andrang zu den Kursen für Hirtinnen und Hirten in Salern ist riesig. "Wir waren ständig ausgebucht", berichtete Gustav Tschenett, Leiter der Landesabteilung Deutsche Bildungsdirektion. Insgesamt sei der Zulauf zu den Fachschulen für Landwirtschaft groß, die Schülerzahl steige Jahr für Jahr - zum achten Mal sind die Schüler dieses Jahr zur Matura angetreten.

uli

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