„I hon s’Gelt in Bett untern Tschillnsock versteckt“

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Maria Mair Holzer, Jg. 1935, in Kortsch blickt auf ein bewegtes, arbeitsreiches Leben zurück: „Es gib nichts, wos i nit kopp hon.“ Maria Mair Holzer, Jg. 1935, in Kortsch blickt auf ein bewegtes, arbeitsreiches Leben zurück: „Es gib nichts, wos i nit kopp hon.“

Maria Mair aus dem Passeiertal zog als 20-Jährige zu ihrem Mann Karl Holzer nach Kortsch in den „Riederhof“. Dort lebten drei Parteien. Mit unermüdlichem Fleiß gelang es dem Paar, Hausanteile zu kaufen und den Landwirtschaftsbetrieb zu vergrößern.

von Magdalena Dietl Sapelza

Kennengelernt hatte Maria ihren Karl in Meran. Sie arbeitete dort als Hausmädchen, er absolvierte die Militärausbildung. Auch nachdem er nach Schlanders abkommandiert worden war, bleiben beide in Kontakt. Karl übernahm den Hof in Kortsch und führte Maria 1955 in der Riffianer Wallfahrtskirche zum Traualtar. „I hon in a Brondstott inni ghairatet unt a finschtre Kuch kopp“, erklärt sie.
Maria wurde 1935 auf dem „Schupferhof“ in Schweinssteg bei St. Leonhard in Passeier geboren. Sie hatte acht Geschwister, von denen vier starben. Die Familie zog auf Wunsch des Großvaters auf den „Wahlerhof“ ihres verstorbenen Onkels, um dort dessen drei Kinder mitzuversorgen. Die Schule besuchte Maria nach halbstündigem Fußmarsch in einer Bergschule bei Tall. Sie erinnert sich noch gut an die verdunkelten Fenster während des Krieges, an den Mangel an Zucker und an die Speckseiten, die tagsüber im Heu versteckt wurden, um sie nicht abgeben zu müssen. Im Alter von 14 Jahren kam Maria zu einem Großbauern nach Schenna. Ihr Tag begann um 3.00 Uhr und endete spät in der Nacht. „Oft bin in pan Melchen ingschlofn“, betont sie. „Und wenn di Bäuerin a Rasterle gmocht hot, hon i gmiaßt di Kuch putzn.“ Sie wollte den Dienst quittieren, doch ihr Vater ließ sich vom Großbauern immer wieder dazu überreden, ihr Arbeitsverhältnis zu verlängern. Erst als 18-Jährige verließ sie den Hof und lernte bei einer Schneiderin in Plars nähen. „I hon lai seffl verdiant kopp, dass i hon kennt a Nähmaschin kafn unt di Nohterin zohln“, erinnert sie sich. Um sich einen Spitzenunterrock kaufen zu können, nahm sie eine Notlüge zu Hilfe und gab dem Vater vor, Geld für den Zahnarzt zu brauchen. Als Hausmädchen bei der jüdischen Familie Steinhaus in Meran blühte Maria auf. „Sel isch mai zweite Homat gwesen“, schwärmt sie. Ihr Anfangslohn waren 7.000 Lire. Schon kurz darauf bekam sie 10.000 Lire ausbezahlt. „I hon s‘ Gelt in Bett untern Tschillnsock versteckt unt olz gsport“, verrät sie. Aus Stoffen alter Kleider, die ihr die Hausherrin überlassen hatte, nähte sie sich neue. Hübsch angezogen begleitete sie ihre Freundin zum Treffen mit Vinschger Militaristen, unter denen sich ihr Mann Karl (Jg.1932) befand. Vor der Hochzeit erhielt sie von Frau Steinhaus 20.000 Lire als Geschenk. Dieses Geld und ihr Erspartes waren im Hof in Kortsch bitter nötig. „Miar hobm hort oungfongen“, erzählt sie. „Miar hobm Pech in Stoll kopp unt amol sogor a Kuah gmiaßt laichn, dass miar a Milch kopp hobm“, erzählt sie. Beim Bau einer neuen Küche half ihr der Schwiegervater, der ein geschickter Tischler war. „Pa ihm hot sogor dr Karl Grasser glearnt“, sagt sie. Maria war überall gefordert, bald auch als Mutter von sechs Kindern. Während ihr Mann im Laaser Marmorwerk arbeitete, hielt sie ihm daheim den Rücken frei. Sie versorgte die Kleinen, das Vieh und verrichtete Feldarbeiten. Sie war 1959 die erste Frau in Kortsch, die einen Traktorführerschein erwarb. Später kam der Autoführerschein dazu. Alles, was Maria und Karl erwirtschafteten, steckten sie in den Hof. Sie kauften die Anteile der Mitbesitzer und erwarben Grundstücke. Regelmäßig nahmen sie Kredite auf. Um diese zu tilgen, nahm Maria alle Arbeiten an, die sich boten, in der Obstgenossenschaft, in Gasthöfen und einiges mehr. „Miar hobm olm gorbatet unt decht nia koa Gelt kopp“, sagt sie. In ihrem Tatendrang gebremst wurde Maria durch eine offene Wunde am Fuß und durch die Brustkrebserkrankung 1981. Den Krebs besiegte sie nach schmerzlicher Chemotherapie. Der „offene Fuß“ plagt sie bis heute.
Maria ließ sich nie unterkriegen. Neben der Arbeit auf dem Hof übernahm sie die Pflege ihrer Eltern im Passeiertal und schaute dort auf dem Hof ihres Bruders nach dem Rechten. „Selm bin i zwoamol in dr Woch inni gfohrn unt oft nimmer schlofn gongen“, erzählt sie. Eine bedrückende Zeit brach an, als ihr Mann 1993er Jahre an Lungenkrebs erkrankte. Ein Jahr später starb er. Kurz zuvor hatte sie ihm noch mit einem Urlaub in Portugal den Wunsch erfüllt, einmal zu fliegen. „I hon an guatn Monn kopp“, betont sie. „Unt iatz hon i guate Kindr.“ Sehr zu schaffen macht ihr das Augenlicht, das nach einer Netzhautablösung schwer beeinträchtigt ist. Dennoch bemüht sie sich, täglich die Zeitung zu lesen. Sie jammert nicht. „I bin zfriedn, wenns asou blaibt“, meint sie. Nun hat sie viel Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen. „I denk oft, mai Lebm isch a Film gwesn. Wenn i zruckdenk, frog i mi, wou sain di Jahrlan bliebm?“

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