“In a Metzgerei muaß man zum Glück nia Hunger leiden.“
Mein Leben isch guat verlafn. I bin zufrieden. sagt Sepp
Sepp war der Drittgeborene von insgesamt 12 Geschwistern, acht Buben und vier Mädchen. Sein älterer Bruder Franz und er machten oft gemeinsam Sommerfrische im Schnalstal auf dem Tisenhof, auch in den Kriegsjahren, als die deutschen Soldaten auf dem Hof der Großeltern einen Stützpunkt hatten. „I hon nia Ongscht kop. I hon mi olm sicher gfühlt.“ Sepp erlebte auch, wie das Gasthaus seiner Eltern im Zentrum von Naturns zu einem Standort des Militärs umfunktioniert wurde. „Zersch sein die Deitschn kemmen, dernoch die Italiener und ols isch italienisch gwordn.“
Mit 11 Jahren besuchte Sepp die Mittelschule in Meran. „In Naturns hots nochn Kriag lei ,sì‘ und ,no‘ gebn.“ In Meran hat Sepp dann Italienisch gelernt. Was er und sein Bruder Franz dort noch gelernt haben, war das Fußball spielen. Dieser Sport wurde ihre Leidenschaft und die beiden waren es, die den Fußball nach Naturns gebracht haben. Sepp erzählt, dass nach dem Krieg in Naturns keine 2000 Einwohner lebten und die Spieler der ersten Mannschaft zusammengewürfelt waren aus Naturns, Partschins, Meran, Kastelbell. Der Grundstein für den Naturnser Fußballverein war damit gelegt. Gründungsjahr war 1952. „Ohne die Auswärtigen hattn mir kuane Monnschoft zomderstellt“, erzählt Sepp. Trainiert wurde im Hof auf der Wiese beim Kreuzwirt, ohne Trainer. Die erste Saison mussten die Naturnser in Meran spielen, weil der Fußballplatz in Naturns, den die Deutschen Soldaten errichtet hatten, als Holzlagerplatz diente. „Mir sein mitn Zug noch Meran gfohrn, hobn inser Huamspiel gmocht und sein wieder zruggfohrn.“ Als Franz Christanell, Sepps Vater, Bürgermeister wurde, bot er den jungen Fußballspielern die Möglichkeit, den Fußballplatz herzurichten. Heute noch trifft man den Kreiz Sepp am Sonntag beim Heimspiel in Naturns.
Gerne erinnert sich Sepp an die Zeit zurück, wo er mit 18 Jahren im elterlichen Gasthaus Kreuzwirt mit Kravatte die Gäste bedient hat. „Eigentlich wollt i liaber Kellner werdn. Ober der Tata hot entschieden, dass i die Metzgerei und der Franz es Gosthaus übernemmen soll.“
Wer den Kreiz Sepp kennt, weiß, dass er der Seniorchef der Metzgerei Christanell ist. Mit 16 Jahren hat er im elterlichen Betrieb angefangen. In München hat er seine Gesellenprüfung gemacht und im Jahr 1965 seinen Meisterbrief in Landshut. Danach wollte er so schnell wie möglich wieder in sein Dorf zurück. „Mi hot’s olm huamgezogn.“
Gründer der Metzgerei Christanell war Sepps Opa, Matthias Christanell. Dieser kaufte 1903 das alte Kreuzwirtshaus samt Stadel, Stall und Güter. 1927 übernahm dessen Sohn Franz, Sepps Vater, den Betrieb. Die Nachkriegsjahre waren schwierig. Als dann der Stausee in Schnals gebaut wurde und in Vernagt, Katharinaberg und Naturns Küchen für die Arbeiter errichtet wurden, lieferte die Metzgerei Christanell das Fleisch für die 2000 hungrigen Männer. „Do sein inmitten von Naturns in uaner Woche schun amol 15 Rinder gschlochtet und verorbeitet wordn,“ erinnert sich Sepp.
1965 übernahm er den Metzgereibetrieb in dritter Generation. 1966 heiratete er Paula Pederiva, ursprüngliche Kastelrutherin. Sie war im Gemischtwarengeschäft in Naturns als Verkäuferin tätig. Beim Tanz in der Alten Post haben Sepp und sie sich besser kennengelernt. Sepp erzählt, dass Paula und er von Null anfangen mussten. Stall und Stadel wurden abgerissen, das neue Gebäude errichtet, der Wurstbetrieb erweitert. Dabei wurde das junge Ehepaar von Sepps Eltern tatkräftig unterstützt. „Die Paula wor a Leben long Lodnerin. Mir hobn ins guat ergänzt. Sie wor die Chefin im Gschäft und i der Chef in der Produktion. Ihr gilt mein groaßer Donk für oll ihre Fürsorge für insre Kinder und ihren Einsotz im Betrieb.“
Sepp hat mit Paula, die 2022 verstorben ist, sieben Kinder, vier Buben und drei Mädchen und insgesamt 16 Enkelkinder. 2017 hat der älteste Sohn Stephan die Metzgerei übernommen. Seine Frau Christine und seine Geschwister Werner und Helga arbeiten im Familienbetrieb. Und auch der Kreiz Sepp hilft mit seinen 88 Jahren immer noch mit. Er sagt: „Orbeit holtet jung.“
Zu guter Letzt spricht Sepp über die Musik. Er war 65 Jahre lang bei der Musikkapelle Naturns tätig. Zuerst hat er Klarinette gespielt, später eine zeitlang Saxophon. „Mein Tata wor musikalisch. Des hon i vun ihm.“ Sepp erinnert sich, wie er in der Stube beim damaligen Feuerwehrkommandanten Luis Gapp Klarinette gelernt hat. „Domols hot’s no kuane Musikschual gebn.“
Es war ein Leben voller Arbeit, Familie, Fußball und Musik. „Mein Leben isch guat verlafn. I bin zufrieden.“ sagt Sepp am Ende des Gesprächs.