
Bauen am Berg

Die Heilbronner Hütte.
Wer vom Schlandrauntal auf das Taschljöchl aufsteigt, sieht gleich oberhalb der „Schworz Lock“ einen Holzspitz und einen Kran in die Höhe ragen. Der Wiederaufbau und die Rekonstruktion der Heilbronner Hütte zieht an diesem Samstag (6. September 2025) mindestens ein Dutzend Wanderer hinauf auf 2.770 Meter. Das Interesse ist groß: Schließlich wird nicht alle Tage eine Schutzhütte auf fast 2.800 Metern wieder aufgebaut. Klein, schlicht und originalgetreu, wie sie damals im August 1910 eröffnet wurde und später 1932 abgebrannt ist, baut Florian Haller die Heilbronner Hütte am Taschljöchl, dem Übergang vom Schlaundrauntal nach Schnals, wieder auf. Mit Eigenmitteln – einzigartig in Südtirol und im Vinschgau. Einzig für die Infrastruktur und Materialseilbahn gibt es Beiträge. Haller, der Bauherr, ist Naturnser Tischlermeister und Chef der „Tischlerei Oswald Haller.“ Er ist seit einigen Jahren der Besitzer der Parzelle, auf dem die Heilbronner Hütte entsteht. Ein steiles Satteldach, kleine Fenster, eine Natursteinverkleidung: Die Bilder auf der Bautafel zeigen wie die Heilbronner Hütte damals ausgesehen hat und wie sie wieder aussehen wird. Der Keller und die Bodenplatte sind gegossen, die Wände stehen, „das Dach soll in etwa zehn Tagen hinaufkommen, vor dem Winter sollen dann noch die Schindeln hinauf- und die Fenster hineinkommen“, sagt Florian Haller zum Vinschgerwind. Den Winter über packt man die Hütte dann mit einer Folie ein, um die Hütte vor Schnee und Regen zu schützen. „Die Verkleidung, der Innenausbau, die Materialseilbahn, Strom-, Trink- und Abwasserleitungen machen wir dann im nächsten Jahr“, sagt Haller. Denn: Die Heilbronner Hütte wird eine der wenigen Schutzhütten sein, die über eine Trink- und Abwasserleitung verfügt. Das Abwasser wird ins Tal geleitet, das Trinkwasser vom Tal heraufgepumpt. Die Steine für die Verkleidung liegen neben der Hütte bereits bereit. Innen sollen dann viel Lärchen- und Zirbenholz aus dem eigenen, unterhalb des Taschljöchls, in Richtung Berglalm, liegenden Waldes zum Einsatz kommen.
14 mal 12 Meter groß ist die Hütte. Genau so wie damals 1910. Die Pläne hatte die Sektion Heilbronn im Deutschen Alpenverein 1907 vom Architekten Adolf Braunwald, Mitarbeiter des bekannten Berliner Architekten Hermann Mutherius, erstellen lassen. Dieser schuf ein „Juwel in den Alpen.“ Zimmermann damals war übrigens Josef Perkmann aus Schlanders, Maurermeister Johann Lutz. Die Originalpläne der Alten Heilbronner Hütte wurden im Alpinen Museum in München von Gerhard Köller gefunden. Köller ist Ehrenmitglied der Sektion Heilbronn und ist der Geschichte der Heilbronner Hütte über 20 Jahre nachgegangen. Haller sagt: „Größer wollte ich die Hütte nie machen, klein und fein, damit man die Hütte mit einem kleinen Team gut bewirtschaften kann.“ Der Hüttenwirt wird Johannes Rainer sein. Er ist im engsten Team von Florian Haller vom ersten Tag an, mit dabei, genauso wie Roland Blaas und Reinhard Holzer. Als Architekt zeichnet Zeno Bampi verantwortlich.
Es ist hier auf knapp 2800 Metern die wohl höchste Baustelle im Vinschgau derzeit. Die Sesvenna Hütte, die in diesem Sommer und Herbst umgebaut wird, liegt auf knapp 2.300 Meter. Beide Schutzhütten verzichten auf Prestige, sind keine Luxusbauten, so wie im restlichen Südtirol entstanden sind, wie etwa die Schwarzenstein- oder die Stettinerhütte. Das sagen auch die Wanderer hier am Bauplatz der Heilbronner Hütte anerkennend. „Das passt hier gut, klein und so wie es war, nicht wie an anderen Orten Südtirols, wo Luxushotels stehen.“ Die Hütte soll 24 Schlafplätze, rund 60 Plätze für Tagesgäste und zwei Matratzenlager im Giebel beherbergen. Haller: „In Spitzenzeiten soll Platz für maximal 100 Tagesgäste sein.“
Fünf Jahre lang hat Haller für den Wiederaufbau gekämpft. 2019 berichtete der Vinschgerwind erstmals vom Vorhaben. Ein Gutachten jagte das nächste, eine Genehmigung die andere. Eine der Auflagen lautet: Die Materialseilbahn muss im Berg versteckt werden.
Die Kosten für den Hüttenbau, den Mulistall, die Wasserleitung von den Hungerschartenseen und den Wegebau, so die Sektion Heilbronn in der Chronik der Alten Heilbronner Hütte, beliefen sich damals 1910, auf 38.875 Mark. Das sind umgerechnet 19.876 Euro. 2 Millionen Euro kostet Haller das Ganze 115 Jahre später. „Für mich ist es die Verwirklichung meines Traums.“, sagt Haller, der - ganz nebenbei bemerkt - die volle Anerkennung und Rückendeckung der Heilbronner genießt. Geht alles nach Plan, dann wird 2027 voraussichtlich die Wiedereröffnung gefeiert werden. Denn, wenn er etwas anfange, sagt er, dann mache er es fertig.
Die Sesvennahütte.
Spätestens nächstes Jahr wieder offen dürfte die Sesvennahütte auf 2.262 Meter Meereshöhe im Schlinigtal sein. Seit Frühjahr dieses Jahres (der Vinschgerwind berichtete) wird die AVS-Schutzhütte saniert. Architekt Jürgen Wallnöfer ist damit betraut worden. Und auch hier will man nichts von einem Hotel oder einem Luxusbau am Berg wissen. „Es wird kein Hotel am Berg“, schreibt Elmar Knoll, der Vizepräsident des Alpenvereins AVS und Projektsteuerer in einer Presseaussendung. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1981. Eine Sanierung war aus mehreren Gründen notwendig geworden.
Die Hütte erhielt nun ein neues Stiegenhaus und ein vollwertiges Dachgeschoss. Die Dachkonstruktion entstand in Holzbauweise. Die Wärmedämmung des Gebäudes wird mit Lärchenschindeln abgedeckt und bestimmt die neue Optik der Sesvennahütte, die damit eine rustikale Holzschindelfassade erhält.
Die Terrasse wird vergrößert. Im Obergeschoss entstehen Zimmer mit vier bis sechs Betten, zentral gelegene Gemeinschaftsduschen und Sanitäranlagen. Energetisch wird die Sesvennahütte von einem Kleinwasserkraftwerk versorgt. Geheizt wird mit einem Holzkessel, der anfangs alles abmontierte Bauholz verheizen wird.

Die Wände der Heilbronner Hütte stehen, dahinter das Gipflekreuz

Blick auf die Heilbronner Hütte vom Gipfel des Taschljöchls aus
