Dienstag, 24 Juli 2018 00:00

„Meine Mutter hat für mich und für meine Ausbildung gekämpft“

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s17 2128Die „Shanghai Morning Post“ vom 24. Juni 2018 zeigt die 36-jährige, hörgeschädigte Franziska Schuster vor ihrer Fassadenmalerei auf der fünf Stockwerke hohen Hausfront in der chinesischen Millionenmetropole. Unter dem Namen „majilina“ erobert die sympathische Vinschger Künstlerin die Welt.

von Magdalena Dietl Sapelza

Franziska hat das geschafft, was ihr viele nicht zugetraut haben. Selbstbewusst, unabhängig, lebensfroh, kämpferisch und als gefragte Künstlerin behauptet sie sich als  Hörgeschädigte überall in der Welt.

Spezialisiert hat sie sich auf große Wandgemälde mit Tier-Darstellungen. Im Rahmen der „Urban Art“ bewegt sie sich dabei vor allem im städtischen Umfeld. Vor dem „Golden Fasan“ in Shanghai hat sie beispielsweise einen Adler in Mexiko und einen Flamingo in Bristol in England  geschaffen. Und ihr Auftragsbuch ist bis Ende des Jahres prall gefüllt. Franziska verständigt sich in der Lautsprache. Sie spricht neben Deutsch auch Englisch, Italienisch und Spanisch. Sie beherrscht neben der deutschen Gebärdensprache auch die österreichische und die internationale. Im Oktober will sie einen Koreanisch-Kurs besuchen.
Der Start ins Leben war für die hörgeschädigte Franziska nicht einfach. Sie wuchs als Jüngste mit zwei Schwestern auf dem „Befehlhof“ in Vetzan auf. Ihre  Mutter Thea stellte sich voll und ganz hinter sie, förderte sie oft unter größten Beschwernissen. Der Kampf gegen die Schulinstitutionen des Landes sei oft wie ein Kampf gegen Windmühlen gewesen, sagt die Mutter. Beherzt und mit unermüdlichem Durchhaltevermögen stellte sie die Weichen für ein selbstbestimmtes Leben ihrer Tochter.
„Meine Mutter hat für mich und für meine Ausbildung gekämpft. Das was ich heute bin, verdanke ich zu einem Großteil ihr“, unterstreicht Franziska. In der Grundschulklasse saß sie immer ganz vorne in der Bank und las den Lehrpersonen die Wörter von den Lippen ab. Gelernt hatte sie das hauptsächlich mit ihrer Mutter. Unzählige Stunden übte sie das Sprechen auch bei den Logopäden. „Ich habe geübt und geübt“, betont sie. Franziska konnte dem Unterricht schon bald problemlos folgen. Sie brachte sich aktiv ein und erzielte sehr gute Leistungen. Immer wieder s17 fasanblitzte auch ihr kreatives, künstlerisches Talent auf. Nach der dritten Klasse Oberschule in Schlanders wechselte sie in eine Schule für Hörgeschädigte in München. Die Gebärdensprache lernte und übte sie mit Hilfe einer Freundin. In München absolvierte sie die Ausbildung im Bereich „Visuelles Marketing“. In Stuttgart studierte sie Grafikdesign, Projektmanagement und Messebau. Meist wurde sie von Gebärdensprachen-Dolmetschern unterstützt, die sie selbst bezahlen musste. Von diesen lernte sie ständig dazu. Eine erste Anstellung fand Franziska bei Deutschlands führender Messe für zeitgenössische Kunst „STROKE Art Fair“. „Das hat sehr gut funktioniert und war eine tolle Erfahrung für mich“, erklärt Franziska. Dann zog es sie nach Nürnberg. Dort unterrichtete sie vier Jahre lang in der Volkshochschule als Dozentin für „Deutsche Gebärdensprache“. In ihrer Freizeit malte sie und ließ ihrer Kreativität freien Lauf. Eine befreundete Künstlerin ebnete ihr den Weg zur „Urban Art“, der Aktionskunst im öffentlichen Raum. Franziska entwickelte ihre Vorliebe für Tier-Darstellungen in bunten Farben. Auf der Mauer einer Halle, die vor dem Abriss zum Bemalen freigegeben worden war, versuchte sie es mit Grafitti. Mit einem  blauen und einen pinken Oktopus schuf sie ihr erstes großes gespraytes Meisterwerk, das viel Beachtung fand. Das war ihr Anreiz, weiterzumachen. Kurz darauf beeindruckte ihre auf die Wand gesprayte Eule beim Festival für urbane Kunst im sächsischen Crimmitschau. Daraufhin erreichten sie unzählige Anfragen.
Vor zwei Jahren verabschiedete sie sich vom Sprayen und entschied sie sich für Pinsel und Farbe. „Das ist umweltfreundlicher und macht mir viel mehr Spaß“, erklärt sie.
2017 übersiedelte sie von Nürnberg nach Wien, wo sie im „Zentrum Kinderhände“ hörgeschädigten Kindern die österreichische Gebärdensprache beibringt.
Mittlerweile ist sie dort nur noch sporadisch tätig. Denn sie hat den Weg als freischaffende Künstlerin eingeschlagen. Sie  bewarb sich mit der Skizze des „Golden Fasan“ für die Wandbemalung des Hochhauses in Shanghai. Sie befand sich dann unter den zehn Künstlern, die von 100 Bewerbern ausgewählt worden waren.
Und schließlich hat die „Shanghai Morning Post“ Franziska und ihr Werk auf der Titelseite abgelichtet. Das ist ihr eine große Ehre und neue Motivation für die nächsten Aufträge in England und Mexiko.

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