Zum Hauptinhalt springen

Schlanders

Heute. Hier. Jetzt

Es ist mittlerweile lieb gewordene Tradition, dass eine Delegation des Südtiroler Kulturinstituts, des Kulturhauses und der Gemeinde Schlanders pünktlich zum Start der Theatersaison des Südtiroler Kulturinstituts in Schlanders zu Besuch in die Vinschgerwind-Redaktion kommt. Heuer trudelten Peter Silbernagl, der Direktor des Südtiroler Kulturinstituts, Martin Trafoier, Verwaltungsratsmitglied des Südtiroler Kulturinstituts, Monika Holzner Wunderer, Präsidentin des Kulturhauses Schlanders und Kunhilde von Marsoner, Kulturreferentin der Gemeinde Schlanders am 19. September ein und überbrachten Programmhefte und viel Information dazu. Es ist genauso lieb gewordene Tradition der Kulturdelegation einige Fragen zu stellen. Persönliche und unpersönliche – immer mit Bezug zu Stücken und Programm.

Vinschgerwind: Herr Silbernagl: Wären Sie gerne ein Milliardär?
Peter SilbernaglPeter Silbernagl: Da halte ich es mit Seneca: „Nicht auf die Größe des Vermögens, sondern auf die des Geistes kommt es an.“ Und an der Größe des Geistes zu arbeiten ist eine schöne Lebensaufgabe.

Vinschgerwind: Der Auftakt im Strafprozess gegen Renè Benko erfolgt am 14. und 15. Oktober 2025 in Innsbruck. Zeigleich, am 15. Oktober, wird der „Aufstieg und Fall des Herrn René Benko“ in Schlanders gezeigt. Warum sollte man sich Benko in Schlanders und nicht in Innsbruck ansehen?
Peter Silbernagl: Ich weiß nicht, wie lange ein Strafprozess in Österreich dauert. Aber er bietet wohl kaum in 90 spannenden Minuten das Ergebnis jener investigativen Recherche, welche die Redaktion von DOSSIER gemacht hat und Basis des Stückes ist. Wenn Calle Fuhr als Schauspieler selbst auf der Bühne steht, wird das Signa-Wunderland garantiert unterhaltsam und wohl auch verständlicher beleuchtet als vor Gericht. In Innsbruck bekommt man vielleicht Benko selbst zu Gesicht, in Schlanders lernt man das System verstehen, das einen Benko ermöglichte.

Vinschgerwind: Frau Von Marsoner, Sie sind die neue Kulturreferentin der Marktgemeinde Schlanders. „Oleanna – ein Machtspiel“ wird das St. Pauli Theater Hamburg am 25. November 2025 in Schlanders auf die Bühne bringen. Ist Politik nicht auch ein Machtspiel?
Kunhilde von MarsonerKunhilde Von Marsoner: Ja, tatsächlich dreht es sich in der Politik um Macht, nämlich wer Entscheidungen trifft, welche Interessen sich durchsetzen, wie Ressourcen verteilt werden. Dieses Ringen um Einfluss mag wie ein Spiel wirken, da es auch oft Gewinner und Verlierer gibt. Aber Politik umfasst mehr als Macht: Sie ist auch Aushandlung, Gestaltung gemeinsamer Regeln und das Ringen um Werte und Gerechtigkeit. Sie ist auch eine Suche nach Lösungen, die für möglichst viele tragbar sind.
Vinschgerwind: „Starkes Schauspiel“ ließ die Hamburger Morgenpost wissen. Warum werden Sie sich das Stück ansehen?
Kunhilde Von Marsoner: Das Stück behandelt Macht, Sprache, Missverständnisse und Geschlechterrollen – Themen, die heute in Zeiten von #MeToo, Debatten um Machtmissbrauch und Gleichstellung aktueller sind denn je.

Vinschgerwind: Herr Trafoier: Sie waren 39 Jahre lang Oberschullehrer. Wieviel Humor braucht Schule?
Martin TrafoierMartin Trafoier: Ein humorvoller Unterricht schafft ein entspanntes Lernklima, weckt Aufmerksamkeit und Interesse und tut der Schüler-Lehrer-Beziehung gut. Ich habe zum Beispiel im Grammatikunterricht gerne skurril-verrückte Beispielsätze verwendet, in der Hoffnung, dass dadurch der Unterricht aufgelockert wird und sich grammatikalische Strukturen leichter einprägen lassen. Ein Beispiel für’s Passiv? ”The butcher is being followed by a green cow with a Trump tattoo.” (Der Metzger wird von einer grünen Kuh mit einem Trump-Tattoo verfolgt.)

Vinschgerwind: Das Stück „Post von Karlheinz“, das am 21. Jänner 2026 vom Metropol-theater München im Kulturhaus Schlanders gezeigt wird, verspricht messerscharfen Humor gegen Hass und Hetze. Was versprechen Sie sich von diesem Stück?
Martin Trafoier: In Online-Kommentaren lassen manche Internet-Nutzer ihrer Wut und ihrem Hass freien Lauf. Mit einer Vielzahl von gehässigen, rassistischen und beleidigenden Kommentaren wurde auch der Autor des Stücks Hasnain Kazim überhäuft, ein in Oldenburg geborener Journalist mit indisch-pakistanischen Wurzeln. Geistreich und mit spitzer Zunge hat er den „richtigen Deutschen“ wie „Maria gegen Scharia“ oder „Siegfried Drachentöter“ geantwortet und mit ihnen gechattet, „denn wenn wir schweigen, beginnen wir, den Hass zu akzeptieren.“ Diese Chats wurden 2018 als Buch veröffentlicht, und Jochen Schölch hat daraus eine Sprechoper für vier Personen komponiert. Ich bin auf jeden Fall gespannt.

Vinschgerwind: Frau Wunderer, wann dachten Sie das letzte Mal „Oh mein Gott?“
Monika WundererMonika Wunderer: Spontan denke oder sage ich das oft, vor allem, wenn ich positiv oder negativ überrascht werde. Das letzte Mal dachte ich es mir wohl, als ich meine neugeborene Enkelin im Arm hielt: “Oh mein Gott, wie schön! Danke!“

Vinschgerwind: Und was erwarten Sie sich vom Stück von Anat Gov, das am 24. Februar 2026 auf die Bühne in Schlanders kommt?
Monika Wunderer: „Ich erwarte mir ein zeitgenössisches Stück, das einen kritischen Blick auf aktuelle Themen unserer Zeit wirft. Ich erwarte mir spannende Dialoge, gewürzt mit einer großen Portion Humor, und Antworten auf meine Fragen: Verzweifelt selbst der Schöpfer an seiner Schöpfung? Wie gelingt es der Psychologin Ela in nur einer Stunde seine Pläne zu ändern und die Welt zu retten?
Ich bin neugierig und freue mich darauf überrascht und berührt zu werden, zum Nachdenken gebracht zu werden, aber auch zu lachen und das alles gemeinsam mit dem Publikum zu teilen.

Vinschgerwind: Herr von Hohenbühel, gendern Sie gerne?
Hans-Christoph HohenbühelHans-Christoph Hohenbühel: Das Wort „gendern“ spaltet die Gemüter. Aber wenn es um die Gleichberechtigung der Geschlechter geht, sind wir uns wohl alle einig. Und das ist für mich das Entscheidende.

Vinschgerwind: „Kalter Weisser Mann“ wird die Theatersaison des Kulturinstituts in Schlanders am 14. April 2026 abschließen. Das Gastspiel des Renaissance-Theaters Berlin macht die letzte Ruhe zur Unruhe. Setzt das Südtiroler Kulturinstitut einen Höhepunkt als Schlusspunkt?
Hans-Christoph Hohenbühel: Es ist ein Stück über eine Trauerfeier, bei der einem die Tränen höchstens vor lauter Lachen kommen, versprochen! Hier werden sämtliche Reizthemen unseres modernen Social-Media-Zeitalters auf die Spitze getrieben. Ein Schlusspunkt voller Humor und Tiefgang.

 

Ausgabe 20/2025