Natur&Landschaft: Frühlingserwachen - Neue Formen, Farben, Stimmen und Gerüche

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Das Leberblümchen blüht, bevor es vom Blätterdach der darüberwachsenden Sträucher abgeschattet wird. Foto: Luca Gironi Das Leberblümchen blüht, bevor es vom Blätterdach der darüberwachsenden Sträucher abgeschattet wird. Foto: Luca Gironi

Wolfgang Platter, am Tag des Hlg Zeno, 12. April 2025

Jetzt in Frühjahr füllt sich die Landschaft wieder mit neuen und doch schon vertrauten Farben und Formen, Tönen, Geräuschen und Stimmen. Nur schade, dass in Zeiten des Artenschwundes diese vertrauten Formen und als angenehm empfundenen Stimmen sich zunehmend ausdünnen.
In unserem kontinentalen Klima der Alpen ist der Winter für Pflanzen und Tiere die Ruhezeit. Ob der Winter auch für uns Menschen in den Alpen noch die Ruhe- und Erholungsphase ist, bin ich mir nicht mehr ganz sicher. Für die Feldarbeit der Bauern in Hochlagen mag es vielleicht noch so sein, wenn sie nicht einem Zweitberuf nachgehen müssen, um zu überleben.

Die Lichthungrigen
Unter den Blütenpflanzen in der Wildpflanzen-Flora gibt es Frühblüher wie den Huflattich, das Leberblümchen, das Veilchen, den Lärchensporn, den Wiesenkrokus, das Salomonssiegel, die Pestwurz oder die Sumpfdotterblume. Ob sie den Lebensraum Wiese oder Wald, den sandigen Rohboden, den Heckensaum oder den Rand eines Gewässers bewohnen, alle diese Frühjahrsblüher konkurrieren mit anderen Arten um das gute Licht. Sie blühen so zeitig und vor dem Austrieb der eigenen Blätter, damit ihre Blüten nicht von größeren, konkurrenzstärkeren Pflanzen und deren Blätterdach abgeschattet werden. Wer die Blätter vor die Blüte stellt, kann noch keine Photosynthese betreiben zum Energie- und Stoffgewinn. Solche Pflanzenarten müssen Reserven aus dem Herbst haben. Diese Reserven können sich bei den krautigen Pflanzen im Boden befinden: Zwiebeln, Knollen, Wurzelrhizome oder andere Speicherorgane sind die unterirdischen Reservetanks und Überwinterungsorgane. Bei laubwerfenden Bäumen mit Verholzung sind die Reserven in Stamm, Ästen und Wurzeln konserviert, um den Energie- und Stoffaufwand für Austrieb, Blattwachstum und Blüte zu bewältigen. Laubwerfend als Schutz vor s51 naturWinterschäden sind bei uns alle Laubbäume der Wildpflanzen und der Kulturpflanzen. Unter den einheimischen Nadelbäumen ist nur die Lärche laubwerfend. Durch den Abwurf der filigran gebauten Nadeln schützt sich die Lärche vor Frostschäden. Die Blattanlagen sind schon im Herbst in den knospenartigen Kurztrieben gebildet worden. Wegen des herbstlichen Nadelabwurfes hat die Lärche für das Wachstum im darauffolgenden Frühjahr im Vergleich z.B. zur immergrünen Fichte nur eine verkürzte Vegetationsperiode zur Verfügung. Diese verkürzte Wachstumsphase kompensiert die Lärche mit einer höheren Effizienz ihrer Photosynthese-Rate. Auffällig sind jetzt im Frühjahr die karminroten weiblichen Blüten der Lärche, die uns als „Larchenspross“ allen vertraut sind. Schon weniger auffällig sind die männlichen Blüten der Lärche: Je nach Alter und Reifegrad zitronen- bis eigelbe Pollenbeutelchen entlassen den Blütenstaub.

Windbestäubung und Insektenbestäubung
Wie alle anderen einheimischen Nadelbäume ist auch die Lärche ein Windbestäuber. Die Bestäubung durch den Wind ist im Vergleich zur Insektenbestäubung eine ungenaue und dem Zufall überlassene Form der Pollenübertragung auf die weibliche Blüte. Auf diese „Zufallstreffer“ der Bestäubung und Befruchtung reagieren die windbestäubten Pflanzen mit der Produktion riesiger Mengen von Pollenstaub. Wenn der Pollen reif ist, wehen über dem Nadelwald bei Windwetter ganze schwefelgelben Wolken von Pollenstaub. Wir stellen dann fest, „der Wald staubt“.

Ruhen und Wachsen
Die winterliche Ruhephase bildet sich bei den mehrjährigen bis ausdauernden und verholzenden Pflanzen im Stammquerschnitt als Jahresring ab: Gegen Ende der Vegetationszeit werden die Zellen im Baumstamm im Vergleich zu den im Frühjahr gebildeten Zellen immer kleiner. Und schließlich wird die Zellteilung vollkommen eingestellt, was sich im Mikroskop als engere Zellringe darstellen.
Laub- und Nadelgehölze kann man im fingernagelkleinen Dünnschnitten ihres Holzes im Mikroskop gut und eindeutig an unterscheiden: Die Nadelhölzer haben als Wasserleitungsbahnen nur englumige Tracheiden. Lauhölzer haben neben den kleinporigen Tracheiden auch noch Tracheen als zweite anatomische Form der Wasserleitungsbahnen. In diesem doppelten System der Laubbäume können größere Mengen an Wasser fließen als in den engen
Tracheiden der Nadelbäume. Der erhöhte Wassertransport ermöglicht den Laubbäumen ein schnelleres Wachstum, dafür besiedeln Nadelbäume als kälteresistentere Baumarten extremere Standorte, steigen als kontinentaler Nadelwald höher in die Berge auf und bauen den Coniferenwald der Zentralalpen auf.

Wassertransport gegen die Schwerkraft
Von den Baumwurzeln im Boden steigt das Wasser in den Leitungsbahnen gegen die Schwerkraft bis in die obersten Blätter, die bei hohen Bäumen auch mehr als 30 Meter über dem Boden stehen. Dieses Aufsteigen des Wasserstromes ist kein Pumpen, sondern ein Saugen und der Motor ist die Sonne. Wenn sie die Blätter der Pflanzen bescheint, erwärmen sich diese und trocknen an. Durch Erwärmung und Austrocknung verlieren die Blätter in der Verdunstung Wasser. Dieser Wasserverlust erzeugt in der Pflanze eine Saugspannung. Diese Saugspannung überwindet die Schwerkraft und bringt das Wasser in kapillaren Wasserfäden von Zelle zu Zelle über die Tracheen und Tracheiden bis in die obersten Teile der Pflanze. Mit dem Klimawandel erwärmen sich die Pflanzen jetzt schon stärker und manche Pflanze wird in ihrem heutigen Lebensraum an die Überlebensgrenze kommen und ihr Verbreitungsgebiet verändern. Experten sagen voraus, dass die erhöhte Transpiration der Pflanzen einen um 20% erhöhten Wasserbedarf nach sich ziehen wird. Die Aufbringung des Wassers wird in manchen Gegenden unserer Erde nicht mehr möglich sein. Und mit dem Brauchwasser wird die Landwirtschaft - weltweit gesehen - sorgsamer und sparsamer umgehen müssen. Es ist gut und sinnvoll, dass derzeit im Vinschgauer und Südtiroler Obstbaugebiet von der Oberkronenberegnung auf die Tropfberegnung umgestellt wird. Bewässerung wird nicht mehr nach Turnussen, sondern nach Bedarf und mit der sparsamen Tropfberegnung erfolgen. Messsonden messen dabei die Bodenfeuchtigkeit im Wurzelbereich der Bäume und regeln entsprechend die dosierte Wasserspende über Tropfer.

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