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„Play Smart!“

  • Vorspann: „Play Smart!“ – Interaktive Ausstellung zur Welt des Glücksspiels im OSZ Mals. Hinter dem Glanz von Glücksspielen verbergen sich Mechanismen, die oft weniger Glück als Abhängigkeit bedeuten. Die Ausstelung wirft einen kritischen Blick hinter die Kulissen.
  • Dachzeile: Mals
  • Redakteur: Katja Telser

Das Glücksspiel zieht Menschen seit jeher in seinen Bann. Doch hinter dem Glanz verbergen sich Mechanismen, die oft weniger Glück als Abhängigkeit
bedeuten. Die interaktive Ausstellung „Play Smart!“ lädt Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene ein, einen kritischen Blick hinter die Kulissen der Spielwelt zu werfen. Vom 23. September bis 9. Oktober 2025 gastiert die Ausstellung im Foyer des Oberschulzentrums Mals.
Auf anschauliche und unterhaltsame Weise zeigt die Ausstellung, wie Glücksspiele funktionieren – und wo ihre Gefahren liegen. Besucher:innen erwarten interaktive Spiele, verblüffende Experimente und Erfahrungsberichte von Betroffenen. Dabei wird deutlich, wie die Glücksspielindustrie mit psychologischen Tricks arbeitet, wie digitale Spiele Glücksspiel-Elemente übernehmen und welche Folgen Spielsucht für den Alltag haben kann – von
Geldverlusten bis hin zu sozialen Problemen.
Der Besuch der Ausstellung ist kostenlos und ausschließlich nach Voranmeldung möglich. Für einzelne Termine sind noch Restplätze frei – Anmeldungen erfolgen über die Website log-in.website. Eine Ausnahme bildet
der Tag der offenen Tür am Samstag, 4. Oktober 2025 von 10:00 bis 15:00 Uhr: An diesem Tag kann die Ausstellung ohne Anmeldung besucht werden.
„Play Smart!“ ist eine Präventionsausstellung des Forum Prävention. Die Ausstellung in Mals findet im Auftrag der Sozialdienste der Bezirksgemeinschaft Vinschgau und der Psychosozialen Beratungsstelle der
Caritas mit Unterstützung des Oberschulszentrums Mals und der Abteilung Soziales der Autonomen Provinz Südtirol statt.
Das Ziel ist es, für bewusste Spielentscheidungen zu sensibilisieren. Denn gespielt wird quer durch die Gesellschaft: von Rubbellosen und Lotto bis hin zu unscheinbaren Apps und Online-Games. Im Jahr 2024 wurden laut der italienischen Monopolbehörde (ADM) in der Provinz Bozen 539 Millionen Euro für „klassische“ Glücksspiele, wie Rubbellose und Lotto, und 484 Millionen Euro für Online-Glücksspiele ausgegeben. „Play Smart!“ zeigt eindrücklich, dass die Chancen auf den großen Gewinn verschwindend gering, die Verlockungen jedoch immens sind. Umso wichtiger ist es, das eigene Spielverhalten kritisch zu reflektieren.

„Schatzkammer der Gotik – Laatsch, umgeben von Kunst und Verkehr“

  • Dachzeile: Laatsch
  • Redakteur: Andreas Paulmichl

Seit kurzem gilt in Laatsch Tempo 30. Die Maßnahme soll dem Durchzugsverkehr Einhalt gebieten – jener täglichen Blechlawine aus Pendlern und Durchreisenden, die sich besonders morgens und abends s24 StLeonhard2durch den Ort bahnt, meist ohne mehr als die nächste Kurve und Engstelle im Blick zu haben. Ob das neue Tempolimit tatsächlich eine spürbare Entlastung bringt, bleibt abzuwarten. Dabei gäbe es mehr als genug Gründe, stehenzubleiben, den Blick zu heben, sich umzusehen. Denn kaum jemand vermutet hinter den historischen Mauern ein kulturelles, zum Teil kunsthistorisches Erbe von so außergewöhnlicher Dichte.
Trotz jahrhundertelanger Herausforderungen – Brände, Kriege, Hochwasser, Seuchen, Missernten und klimatische Widrigkeiten – fanden die Menschen in Laatsch stets die Mittel, ihre Kirchen und Kunstwerke zu bewahren, sodass sich beeindruckende Zeugnisse der Kunst, speziell der Gotik, erhalten haben. Laatsch trägt nicht umsonst den Beinamen „Schatzkammer der Gotik“ und hinter unscheinbaren Fassaden verbergen sich wahre Kunstschätze.
Den Ortseingang von Laatsch – und damit auch den Ausgangspunkt unserer kunsthistorischen Wanderung durch das Dorf – prägen zwei Türme: Zum einen der romanische Turm der alten Pfarrkirche, die erstmals im Jahr 1307 urkundlich erwähnt wurde, zum anderen der imposante Pfarrturm der neuen Pfarrkirche die 1910 zu Ehren des heiligen Bischofs und Märtyrers Lucius Flügelaltar mit zwei Schreinfiguren in St. Thomasvon Chur geweiht wurde. Die alte Lucius-Pfarrkirche war in ihren Anfängen offenbar recht bescheiden, denn zahlreiche Quellen aus dem 15. Jahrhundert bezeichnen sie lediglich als „capella“. Über die Jahrhunderte hinweg geriet sie mehrfach in die Kritik: So bezeichnete der Churer Bischof die Kirche 1638 im Rahmen einer Visitation als „minderwertiger als alle anderen Kirchen des Dorfes“. Schließlich entschied man sich, unter großen Anstrengungen, auch durch den damaligen Pfarrer Gottfried Grissemann, anfangs des 20. Jahrhunderts zu einem Neubau in neoromanisch-gotischen Mischformen. Die barocken Altäre und die Kanzel wurden von der alten Kirche übertragen und die die Ausmalung erfolgte in den Jahren 1936/37 durch Johann Peskoller. Als wahres architektonisches Juwel thront die Kirche St. Leonhard auf dem felsigen Berghang. Besonders markant ist die gewölbte Durchfahrt unter dem Chor- und Altarraum, durch die bislang die Straße nach Taufers führte. Künftig wird St. Leonhard im Zuge der Tempo-30-Zone umfahren. Die Durchfahrt ist dann nicht mehr erlaubt, was für die Kirche durchaus eine Aufwertung bedeuten könnte. Die im Kern romanische Leonhardskirche wurde 1408 im gotischen Stil über den Felsen hinaus erweitert und im Zuge der Calvenschlacht 1499 so sehr in Mitleidenschaft gezogen, sodass sie 1505 neu geweiht werden musste. Im Turm befindet sich ein historisch wertvolles Glockenpaar des Glockengießers Francesco Sermondo aus Bormio, gegossen 1522 und 1528, das mit seinem unverkennbaren, Quellheiligtumeigentümlichen Klang beeindruckt. Bei Unwettergefahr wurden in früheren Zeiten stets die Glocken von St. Leonhard geläutet, um das Unheil abzuwehren. Der Flügelaltar, der der Werkstatt von Hans Schnatterpeck zugeschrieben wird, gehört zu den wertvollsten Arbeiten dieser Kunstgattung in Südtirol. Erwähnens- und sehenswert ist auch die malerische Ausstattung der Kirche: die spätgotischen Fresken am Chorgewölbe sowie die außergewöhnlichen Fresken an der Westfassade im Innenraum, die Szenen aus dem Leben des Heiligen Leonhard von Limoges zeigen. Zudem beherbergt St. Leonhard eine seltene spätromanische Plastik der „Maria lactans“.
Abseits, jedoch keinesfalls an unbedeutender Stelle im heutigen Laatscher Ortsteil Flutsch, steht die Kirche zum Hl. Cäsarius von Arles, übrigens die einzige Kirche in der Diözese mit diesem Patrozinium. s24 FlutschDie Kirche, ehemals Pfarrkirche von Flutsch, ist nicht nur ein bedeutendes Zeugnis mittelalterlicher Glaubensgeschichte, sondern liegt auch in unmittelbarer Nähe zu den bei Bauarbeiten zur Beregnungsanlage entdeckten Überresten einer weitläufigen römischen Siedlung, die sich über rund vier Hektar erstreckt. Urkundlich scheint die Kirche erstmals Anfang des 15. Jahrhunderts auf und musste durch die Zerstörung im Jahr 1499 wieder aufgebaut und 1519 neu geweiht werden. Das Herzstück der Kirche bildet der spätgotische Schnitzaltar, dessen Schaffung möglicherweise auf Leonhard Luchsenhofer zurückgeht, einen Landsmann Jörg Lederers. Der Flügelaltar, der die Betrachter mit seiner wieder vollständigen Figurenbesetzung in Staunen versetzt, wurde ebenso mustergültig restauriert wie die Kirche selbst. Der Überlieferung nach wurden die Opfer der berühmt-berüchtigten Schlacht an der Calven bei St. Cäsarius bestattet. Daher galt es in der Vergangenheit unter den Burschen des Dorfes als Mutprobe, die abgelegene Kirche St. Cäsarius zu nächtlicher Stunde aufzusuchen, am Portal zu klopfen und zu rufen: „Ich klopfe hier mit diesem Ring, steht auf ihr Schweizer Tatterling!“
Gleich neben St. Cäsarius liegt ein weiterer, besonderer Ort: nämlich das Quellheiligtum der Hl. Ärztebrüder Kosmas und s24 StLeonhardDamian. Einst sprudelte hier ein Wasser, dem heilende Kräfte nachgesagt wurde, ein Wasser, das „Augen auf hatte“, wie eine mündliche Überlieferung berichtet. Viele Pilger suchten in den Bädern dieses Quellwassers Heilung und im 17. und 18. Jahrhundert erlebte die Wallfahrt zu dieser Kapelle ihre Blütezeit. Zahlreiche Votivgaben zeugen von der einst tief verwurzelten Volksfrömmigkeit. Die Quelle versiegte durch die Errichtung der befestigten und asphaltierten Straße, die oberhalb der Kapelle ins Münstertal führt. St. Cosmas und Damian beherbergte lange Zeit einen kleinen spätgotischen s24 FluegelaltarFlügelaltar, der um 1500 entstand und ein seltenes Beispiel für einen Altar mit nur zwei Figuren im Schrein darstellt. Nach einer mustergültigen Restaurierung steht er heute in der St.-Thomas-Kapelle am Friedhof von Laatsch.
Vielleicht lenkt die langsamere Fahrt nun das Auge endlich auf das, was hier verborgen liegt: eine Fülle an Kunst und Geschichte, die weit über die Mauern der Kirchen hinausstrahlt. In einer Welt, die oft zu schnell vorbeizieht, ist das eine mögliche Einladung, kurz innezuhalten und zu entdecken, was dieses kleine Dorf so besonders macht.

„Wertekanon des Christentums ist unerlässlich“

  • Dachzeile: Interview mit Martin M. Lintner

Vinschgerwind: Herr Lintner, wie wir heute wissen ist in der „Coronakrise“ nicht alles glattgelaufen. Haben Sie als Mitglied des Landessethikkomitees Informationen wie und ob es noch zu einer objektiven Aufarbeitung kommen wird?

Martin M. Lintner: Das Landesethikkomitee hat sich während der Coronapandemie aus medizinischer und ethischer Sicht zu einzelnen Themen geäußert und dabei auch kritisch einige politische Maßnahmen beurteilt, die damals getroffen worden sind. Dabei muss man sagen, dass die medizinische und ethische Einschätzung auf der einen und die politischen Maßnahmen auf der anderen Seite auseinanderzuhalten sind, also nicht identisch sind. Ob und in welchem Maß die getroffenen politischen Maßnahmen angemessen und zielführend waren, wird bis heute kontrovers diskutiert. Aus nachträglicher Sicht würde man sicher einiges anders machen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass der Umgang mit der Coronapandemie eine Art „Operation am offenen Herzen“ war, weil ganz einfach Kenntnisse fehlten, die man erst Schritt für Schritt gewonnen hat. Die objektive Aufarbeitung ist eine politische Aufgabe. Das Landesethikkomitee wird bei verschiedenen Veranstaltungen im kommenden Arbeitsjahr aber damit zusammenhängende Themen vertiefen wir das Verhältnis der individuellen Freiheit zur persönlichen Verantwortung für die eigene und die Gesundheit anderer Menschen oder die Impfthematik.

Vinschgerwind:Die katholische Kirche ist seit Jahrzehnten in der Krise. Die Kirchenaustritte mehren sich und der Einfluss auf die Gesellschaft schwindet konstant. Priester sind Mangelware. Ist der moralisch-ethische Wertekanon des Christentums in der heutigen Welt nicht mehr zeitgemäß?

Martin M. Lintner: Die Krise der Kirche ist ein komplexes Phänomen und hat mit vielen Aspekten zu tun, zum Beispiel mit dem Verlust von kirchlichen Privilegien in einer säkularisierten Gesellschaft, dem Verlust des Zugehörigkeitsgefühls zur Kirche als Religionsgemeinschaft, weil viele ganz individuell sich einen persönlichen Glauben aus unterschiedlichen Elementen und religiösen Quellen bilden, oder weil viele ganz einfach auch nicht mehr glauben bzw. der Glaube für ihr Leben an Bedeutung verliert. Es gibt aber auch den Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche zum Beispiel wegen des Skandals des sexuellen Missbrauchs. Der Rückgang von geistlicher Berufung steht auch im Zusammenhang mit dem Rückgang der Geburtenrate und mit kinderärmeren Familien. Den moralisch Wertekanon des Christentums halte ich aber nach wie vor nicht nur für zeitgemäß, sondern für unerlässlich, besonders für eine demokratische Gesellschaft. Diese beruht auf dem Fundament der Anerkennung der Würde jedes Individuums und des Schutzes seiner grundlegenden Freiheitsrechte. Dieses Fundament wurde historisch gesehen im Lauf der europäischen Aufklärung entwickelt, allerdings seinerseits wiederum auf dem Fundament des christlichen Menschenbildes. Diesen Zusammenhang sollten wir nicht vergessen. Bei aller Wertschätzung gegenüber anderen Kulturen und Religionen ist es kein Zufall, sondern hat einen inneren Zusammenhang, dass sich das Konzept der Menschenwürde als Basis für die Menschenrechte im Kontext des christlichen Abendlandes entwickelt hat. Zudem gehören – wenn auch nicht exklusiv – Solidarität und Nächstenliebe zum christlichen Wertekanon, die jede Gesellschaft für ein gedeihliches Miteinander braucht. Ob wir als kirchliche Gemeinschaft, angefangen von den Pfarren bis hin zur Diözese und zum Papst, diese Werte glaubwürdig leben, kann kritisch hinterfragt werden.

Vinschgerwind:Der Krieg in der Ukraine geht nun schon über dreieinhalb Jahre. Die EU unterstützt das Treiben und will nun unter Inkaufnahme massiver Kürzungen in allen Bereichen „kriegstüchtig“ werden. Klingt irgendwie, wie vor dem 1. Weltkrieg, als es hieß man müsse (mal wieder) dem Russen bei- bzw. zuvorkommen. Wie steht die katholische Kirche heute dazu?

Martin M. Lintner: Ich würde die Einschätzung, dass die EU das „Treiben unterstützt“, nicht so stehen lassen. Wir können es drehen und wenden wie wir wollen, aber wir sollten vorsichtig sein, einseitigen Narrativen zu unterliegen und eine Täter-Opfer-Umkehr zu vollziehen. Es handelt sich um einen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der ideologisch seitens Russlands wiederholt als ein Krieg gegen die westlichen liberalen Werte und Demokratien deklariert worden ist. Die EU ebenso wie USA stellen der Ukraine Mittel zur Selbstverteidigung zur Verfügung. Diese Grundmatrix dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren, auch wenn der Teufel, wie meistens, im Detail verborgen liegt. Die katholische Kirche hat vom Anfang an für einen Waffenstillstand und für eine diplomatische Lösung des Konflikts plädiert. Papst Franziskus hat sich hierfür mächtig ins Zeug gelegt und den direkten Dialog mit dem Patriarchen der Russisch-Orthodoxen Kirche gesucht, der diesen Krieg ideologisch und religiös legitimiert und sogar befeuert. Um als unabhängiger Vermittlungspartner zu dienen, hat er sich zudem geweigert, Russland zu verurteilen. Dies wurde ihm oft zum Vorwurf gemacht. Letztendlich blieben seine Friedensbemühungen weitgehend erfolglos. Durch vatikanische Vermittlung konnten wohl von Russland aus der Ukraine entführte Kinder wieder zu ihren Familien zurückgeführt werden, aber der Kriegsverlauf blieb unverändert. Papst Leo hingegen hat den Krieg Russlands deutlich als Angriffskrieg verurteilt, woraufhin Moskau postwendend dem Vatikan die Eignung eines unabhängigen Vermittlungspartners abgesprochen hat. Bzgl. der Aufrüstung: Dass es vor dem 1. Weltkrieg geheißen hat, man müsse dem Russen bei- bzw. zuvorkommen, trifft meines Wissens historisch nicht zu. Dass man jetzt in die Spirale der Aufrüstung geraten ist, halte ich für verhängnisvoll. Die Kirche verurteilt dieses neue Wettrüsten. Ich würde zugleich aber davor warnen, Russland als Friedensmacht anzusehen, die sich ja nur gegen den bösen Westen selbst schützen müsse und nichts als gute Absichten hege, wenn man sie nur ließe. So blind kann man gar nicht sein. Das derzeitige russische Regime ist alles andere als ein Garant für die grundlegenden Menschen- und Freiheitsrechte, sondern ein menschenverachtendes Unrechtsregime, das die eigenen Interessen ohne Rücksicht auf Opfer, auch in der eigenen Bevölkerung, verfolgt. Wie real die Gefahr eines Angriffs Russlands gegen weitere europäische Länder als die Ukraine ist, dazu müssen wir Politikwissenschaftler befragen.

Vinschgerwind:Der Genozid in Gaza – ein schwieriges Thema: Warum hat in Ihren Augen der Wertewesten so lange geschwiegen und warum lässt man die rechtsradikalen Zionisten so lange gewähren, bzw. unterstützte sie gar in ihrem Treiben? Hat hier nicht vor allem die katholische Kirche als „Nachfolger Christi“ völlig versagt?

Martin M. Lintner: Auch hier wären Vorannahmen, die in der Frage „verpackt“ sind, aufzuschlüsseln und kritisch zu analysieren. Grundsätzlich besteht das Problem, dass es nicht einfach ist, berechtigte Kritik an der Politik der Regierung Israels klar zu differenzieren von Antisemitismus, das heißt vom Hass, der Menschen allein deshalb trifft, weil sie Juden oder jüdischer Abstimmung sind, und den wir unmissverständlich zurückweisen müssen. Dass die Kirche historisch gesehen ihre Mitverantwortung am Antisemitismus hat, der zur Shoa geführt hat, ist unbestritten. Umso heikler ist ihre Positionierung in dem Konflikt. Dennoch haben sowohl Papst Franziskus als auch Papst Leo deutlich Stellung bezogen und ein Ende des gewaltsamen Konfliktes gefordert. Sie verurteilen dabei ganz klar den barbarischen Überfall der Hamas gegen Israel, mahnen in der Reaktion Israels aber zur Verhältnismäßigkeit und zur  Einhaltung des Völkerrechtes, besonders zum Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastrukturen. Das kam bei der israelischen Regierung nicht gut an, sondern hat zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Israel und dem Heiligen Stuhl geführt. Die Frage, ob „hier nicht vor allem die katholische Kirche als ‚Nachfolger Christi‘ völlig versagt hat“, kann ich nicht nachvollziehen. Die Kirche bzw. besser der Heilige Stuhl als Völkerrechtssubjekt hat hier nur sehr minimale bis gar keine Möglichkeiten, etwas zu bewirken.

Vinschgerwind:Pandemien, Kriege, Völkermorde, Inflation, Katastrophen, tägliche Berichte über Morde, Vergewaltigungen, Internetportale mit zigtausenden Videos von missbrauchten Kindern und hunderttausenden Usern als kleine Randnotiz. Die Welt scheint völlig aus den Fugen geraten. Wie kann die Kirche hier noch Hoffnung und Zuversicht spenden und glauben Sie als Moraltheologe, dass noch Hoffnung für die Menschheit als solche besteht bzw. wir uns irgendwann doch noch zum „Guten“ hinwenden?

Martin M. Lintner: Ja, derzeit scheint die Welt aus den Fugen zu geraten. Das ist eine bedrückende Situation, die nicht hoffungsfroh stimmt. Andererseits hat es in der Geschichte immer wieder solche Phasen gegeben, sogar zur Zeit Jesu. Wenn wir die apokalyptischen Texte in den Evangelien lesen, dann bringen sie zum Ausdruck, dass auch damals für Menschen alles aus dem Lot geraten ist: Sicherheiten sind zerbrochen, es gab „Mord und Totschlag“ und vielen Menschen hat es buchstäblich den Boden unter den Füßen weggezogen. Dann sind Menschen aufgetreten, die verkündet haben, diese Welt müsse zerstört werden, damit etwas ganz Neues erstehen kann. Jesus hat eine andere Haltung gehabt. Er hat gesagt, wenn all das geschieht, sollen wir das zum Anlass nehmen zur Umkehr, also sich ganz persönlich zu fragen: Wo stehe ich in dem Ganzen, was ist meine Rolle, wo kann ich etwas verändern? Er ermutigt zudem zum Vertrauen, dass diese Welt nicht verloren ist und dass Gott sie nicht aufgibt. Aus diesem Vertrauen kann ich dann anders auf die Welt und die Geschehnisse blicken. Ich denke, heute brauchen wir diesen hoffungsvollen Blick mehr denn je. Bei allem Realismus bin ich weder ein naiver Optimist noch ein Pessimist, weil ich den Glauben an das Gute im Menschen nicht verliere und weil ich mir eine gute Portion Gottvertrauen bewahre.

Vinschgerwind:Zum Abschluss noch ein leichteres Thema, die Welt ist schrecklich genug. Sie sagten mir im Ethikstudium sie seien stolz auf Ihre Vinschger Wurzeln. Wo liegen diese und wie ist das zu verstehen?

Martin M. Lintner: Meine Mutter kommt aus Mals. Ich sehe dieses Dorf als meine zweite Heimat an, auch wenn ich nicht die Möglichkeit habe, dort viel Zeit zu verbringen, sondern eher sporadisch auf Besuch bei den Verwandten bin. Ich mag den Obervinschgau, seine archaische Landschaft, die vielen romanischen Kunstdenkmäler und den gradlinigen Menschentyp. Ich bin in Aldein auf dem Reggelberg aufgewachsen auf einem relativ entlegenen Bergbauernhof am Fuße des Weißhorns. Väterlicherseits war die Familie eher zurückgezogen und verschlossen, mütterlicherseits habe ich mehr die Offenheit und Neugier für Fremdes geerbt. Beide Menschentypen lassen sich gut von den jeweiligen Landschaften und ihren Geschichten her verstehen. Mir wurde eine gesunde Mischung von beiden mitgegeben.

150 Jahre Payerhütte

  • Dachzeile: Sulden
  • Redakteur: Angelika Ploner
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Alle, die zur 150-Jahr-Feier gekommen waren, haben den Aufstieg auf die Payerhütte aus eigener Kraft geschafft. Ohne Helikopter. Das war dem Hüttenwirt Bernhard Wöll ein Anliegen.
„Symbolkraft hat dieser Ort unter dem Ortler. Staunen und Dankbarkeit wünsche ich euch“, sagte u.a. Bischof Ivo Muser, der bei Traumwetter in der restaurierten Kapelle die Messe zelebrierte. Die Musikkapelle Prad, die vor 150 Jahren und auch am vergangenen 25. August 2025 die Feier musikalisch begleitete, machte den Tag auf über 3.000 Meter zu etwas ganz Besonderem. Im Mittelpunkt der Feier mit Grußworten u.a. von LR Rosmarie Pamer stand natürlich die Familie Ortler-Wöll, die seit 105 Jahre „die Leute auf der Payerhütte einfach gut bewirtet.“ Sorge bereitet der Familie seit drei bis vier Jahren die Wasserversorgung, die immer schwieriger wird und wo dringender Handlungsbedarf besteht. Bernhart Wölls größter Dank galt seiner Frau, seiner Mutter „und dem gesamten Hüttenteam „ohne dem die Bewirtschaftung nicht möglich wäre.“ Die Autorin Karin Ortler signierte ihr Buch „150 Jahre Payerhütte“.
Auch wir, vom Vinschgerwind, schließen uns den Glückwünschen an. Glückwunsch der Familie Ortler-Wöll zu 105 Jahren Hüttenwirtschaft auf der Payerhütte. Und: Respekt für eine so gelungene Feier auf über 3.000 Meter.

20 Jahre SOVI

  • Vorspann: Die Sozialgenossenschaft Vinschgau (SOVI) wurde am 29.06.2005 als erste Sozialgenossenschaft im Vinschgau von 10 Personen gegründet. Die Bezirkspräsidentin Rosalinde Gunsch erklärte bei der Feier in der Basis Vinschgau, dass damals die Notwendigkeit bestand und Karin Tschurtschenthaler, die Direktorin der Sozialdienste, meinte, dass diese sozialpädagogischen Betreuungsstätten auch heute unverzichtbar sind.
  • Dachzeile: Schlanders/Basis
  • Redakteur: Heinrich Zoderer
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Silvia Valentino, die Geschäftsführerin und Manuel Rammlmair, der Präsident der Sozialgenossenschaft, berichteten über die Anfangsphase, die weiteren Entwicklungen und die verschiedenen Herausforderungen. Valentino dankte den Mitarbeitern und Netzwerkpartnern für die Begleitung und Unterstützung, die entgegengebrachte Wertschätzung und Verbundenheit. Rosmarie Pamer, die zuständige Landesrätin, dankte der Sozialgenossenschaft für den 20jährigen Einsatz. Karin Tschurtschenthaler betonte, dass die SOVI den Menschen Halt und Orientierung gibt, sie werden betreut und gefördert und zusammen mit den Netzwerkpartnern schaffen sie für die Jugendlichen Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben. In einem Film, gedreht von Marco Telfser, erzählten die Betroffenen über sich, Valentino, Rammlmair und Stefanie Siller, die Koordinatorin der sozialpädagogischen Einrichtungen, berichteten über den Alltag in der SOVI. Manuel Rammlmair erzählte dann über die Entwicklungen der letzten 20 Jahre. Seit der Gründung gibt es die sozialpädagogische Wohngemeinschaft in Vetzan mit acht Plätzen für Jugendliche von 11 bis 18 bzw. 21 Jahren und die Tagesgruppe in Schlanders mit 10 Plätzen. Den Jugendlichen wird Schutz und Sicherheit geboten, sie werden in der sozialen und schulischen Entwicklung gefördert, lernen den Alltag zu bewältigen und Eigenverantwortung zu übernehmen. Wichtig ist auch die Aufarbeitung der familiären Beziehungen. Später wurde eine Tagesgruppe in Mals aufgebaut, die Hausaufgabenhilfe in Mals und Prad angeboten und ab 2020 auch die Sommerbetreuung für Kindergartenkinder in Schlanders, Kastelbell-Tschars und Latsch organisiert. Vor 10 Jahren wurde die ambulante sozialpädagogische Begleitung (ASB) nach dem Verlassen der Wohngemeinschaft, das betreute Wohnen, sowie ESF-Projekte für Migranten und Schulabbrecher gestartet. 2022 wurde das ESF-Projekt PULS und 2025 der Lehrgang „Grundkompetenzen für persönliche Unterstützung“ als Basislehrgang für Quereinsteiger:innen angeboten.

Herbstbegehung

  • Vorspann: Die Herbstbegehung 2025 führte die Vinschger Weinbauern am 14. August nach Schluderns wo sich, abgesehen vom Weinberg bei Marienberg, das höchste Weinbaugebiet des Vinschgau befindet, auf 900 bis 1.000 Metern. An den Südhängen reifen mittlerweile trotz der Höhenlage besonders edle Tropfen.
  • Dachzeile: Schluderns/ Vinschgau
  • Redakteur: Magdalena Dietl Sapelza
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  • Weitere Fotos - 1: Oskar Wegmann bei der Verkostung
  • Weitere Fotos - 2: Theodor Mitterer bei der Verkostung

Der Vizeobmann des Vereins Elmar Luggin führte die rund 30 Weinbauern in die Weinberge seiner Nachbar-Winzer. Theodor Mitterer baut die Sorten Zweiglt, Kerner und Riesling an. Oskar Wegmann kultiviert Riesling und Eduard Bernhart Riesling und Blauburgunder. Bernhart, gebürtig aus Schlinig, ist Direktor des Konsortiums Südtiroler Wein. Nach der Besichtigung der gepflegten Rebanlagen kredenzten die Winzer ihre Weine. Es wurde angeregt fachgesimpelt und diskutiert. Thomas Weitgruber vom Südtiroler Beratungsring Weinbau informierte über den aktuellen Stand der Reife und über den möglichen Zeitpunkt der Weinlese, die heuer rund 14 Tage früher beginnen könnte. Die Kirschessigfliege konnte im Vinschgau bisher im Zaum gehalten werden. Weitgruber riet den Weinbauern, die Trauben regelmäßig zu kontrollieren und einen Befall sofort zu melden, damit Gegenmaßnahmen getroffen werden können. Weitgruber stand für alle Fragen offen. Der Jahrgang 2025 verspricht ein guter zu werden. Eine Marende am Glurnser Fischerteich bildete den geselligen Abschluss der Begehung. Diese findet alle zwei Jahre statt.
Der Vinschger Weinbauverein kümmert sich seit seiner Gründung 1981 um die Belange der Weinbauern. Pionier war Leo Forcher. Damals betrug die Anbaufläche 48 Hektar. Der Verein hat mittlerweile 220 Mitglieder. Die Weinbaufläche beträgt 97 Hektar. Bei Schluderns befinden sich 4,2 Hektar.
Einst war der Weinbau im Vinschgau mehr oder weniger auf Hofproduzenten reduziert, und die Qualität ließ oft zu wünschen übrig. Das hat sich inzwischen grundlegend geändert. Die vielen Fortbildungsveranstaltungen, die Verkostungen, die Flurbegehungen, die Lehrfahrten und der gegenseitige Austausch tragen Früchte.
Obmann des Vinschger Weinbauvereins ist Mathias Bernhart aus Partschins. Im Auschuss unterstützen ihn die beiden Obmann Stellvertreter Elmar Luggin (Schluderns) und Hans Zagler (Mals), sowie Matthias Thoman (Kortsch), Florian Schönthaler (Schlanders), Martin Schuster (Vetzan), Reinhard Massl (Vetzan), Heiner Pohl (Kastelbell), Martin Gapp (Naturns), Gruber Andreas (Naturns) und Roland Fieg (Staben/Juval). Kooptiert ist Martina Kafmann vom Bezirksamt für Landwirtschaft Schlanders.

Jubiläum: 25 Jahre Erlebnisschule

  • Vorspann: Am Samstag, 20. September 2025 begingen die Verantwortlichen der Erlebnisschule Langtaufers das 25-Jahrjubiläum mit Gästen aus der Schulwelt, der Politik und der Bevölkerung. Rückschau gehalten und gefeiert wurde im Fraktionssaal in Grub.
  • Dachzeile: Langtaufers
  • Redakteur: Magdalena Dietl Sapelza
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Die Erlebnisschule Langtaufers gehört zum Schulsprengel Graun. Dessen Direktor Klaus Wallnöfer begrüßte die Festgäste, darunter LR Philipp Achammer, Bildungsdirektor Gustav Tschenett und BM Franz Prieth. Gegründet wurde die Erlebnisschule als LEADER-Projekt. Über die Entstehung berichtete Florian Eller. Er war VizeBM der Gemeinde Graun, als die Grundschule in Grub im Jahre 1992 ihre Türen schloss. Eller suchte nach einer neuen Perspektive für das Tal und knüpfte Kontakte zu Gustav Tschenett und Friedl Sapelza, die Verantwortlichen für das „Zentrum für permanente Weiterbildung“ im EU Programm LEADER II. Und es gelang schließlich, die Erlebnisschule formell zu starten. Die Finanzmittel kamen aus den Bereichen Landwirtschaft, Handwerk und Tourismus. Nach dem Auslaufen des LEADER Programms und dem Versiegen der EU-Gelder galt es einen Weg zu finden, die Erlebnisschule in das Schulprogramm einzugliedern. „Die Erlebnisschule ist als Halbwaise durch die Schulverwaltung übernommen worden“, erinnert sich Georg Lechner. Er war damals der erster Rechnungsrevisor im Schulsprengel Graun, nachdem den Schulen Südtirols ihre Autonomie zuerkannt worden war. Es lagen zwar erteilte Aufträge für Dienstleister, Vermieter, Gastwirte usw. vor, aber keine Finanzierungsdekrete. „Die Entscheidung, die es im Revisoren-Team zu treffen galt, wäre aus fachlicher Sicht ein negatives Gutachten zum Haushaltsentwurf gewesen, rechtlich korrekt, aber damit hätte die Erlebnisschule trotz aller Begeisterung nicht starten können“, erinnert sich Lechner. Die damalige Schulverwaltung um Direktor Reinhard Zangerle suchte nach einer Lösung. Speziell die Funktionärin für Finanzen Sonja D´Angelo setzte sich ein und intervenierte mit Nachdruck beim Assessor für Schule und Kultur Otto Saurer. Schließlich gelang es, die Erlebnisschule auf solide Beine zu stellen. Und die Schule entwickelte sich zu einem Erfolgsprojekt. An die 30.000 Kinder und Jugendlichen haben seither das Leben in Langtaufers kennengelernt. In der Regel bleiben sie heute zwei bis drei Tage. „Es sind wertvolle Tage für Kinder und Jugendliche, die heute mehr denn je Entschleunigung brauchen“, erklärt Achammer. Er sagte für den Ankauf des denkmalgeschützten Gruberhauses in Grub seine Unterstützung zu. Es soll nach der Sanierung von der nahen Erlebnisschule genutzt werden. Diese hat Langtaufers über die Grenzen hinaus bekannt gemacht und bringt Wertschöpfung ins Tal. „Wir sind stolz auf die Erlebnisschule und wünschen uns, dass sie auch weiterhin die Mittel bekommt, um die Türen offen zu halten“, betont BM Franz Prieth.

Julia Frank ist HGV-Künstlerin des Jahres 2025

  • Dachzeile: Wien/Laatsch/Bozen
  • Redakteur: Peter Tscholl
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Julia Frank ist die zehnte Preisträgerin des Kunstpreis „HGV-Künstler/in des Jahres“. Das Projekt wurde vor zehn Jahren ins Leben gerufen mit dem Ziel, Kunst, Hotellerie und Gastronomie in Zusammenhang zu bringen. „Der HGV-Preis ist ein gelungenes Beispiel für die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Kunst und Tourismusbranche und eine gute Möglichkeit, der aufstrebenden jungen Künstlerschaft in Südtirol Wertschätzung entgegenzubringen“, so HGV-Präsident Manfred Pinzger. Heuer überzeugte Julia Frank die Jury, bestehend aus Vertretern des Hotelier- und Gastwirteverbandes und des Südtiroler Künstlerbundes, mit ihrem Werk “Regional, Saisonal, Radikal”. Die Arbeit aus lackiertem Edelstahl mit einer Länge von 227 cm, nimmt eine klare künstlerische Position ein. Auf die Frage, was mit den drei Wörten “Regional, Saisonal, Radikal” gemeint sei, antwortet Julia Frank: “Durch den Tourismus hat unsere Region sehr an Wertschätzung gewonnen. Wir sind aber auch in einer Zeit des Umbruchs, in der man auch den Tourismus neu erörtern muss und s40 JuliaFrank Portraitvielleicht im Einklang mit Natur, Landschaft visionäre Wege gehen sollte – auch mit radikalen Entscheidungen und Eingriffen”.

Der Obervinschgau hat schon immer große Künstler hervorgebracht, da die Region eine lange Kulturgeschichte vorweisen kann. Doch Kultur im Vinschgau lebt nicht nur in der Vergangenheit. Julia Frank, geboren 1988 in Schlanders, aufgewachsen in Laatsch bei Mals, ist eine der vielversprechenden jungen, zeitgenössischen Vinschger Künstler:innen. Sie gehört zusammen mit Esther Stocker (geb. 1974) und dem leider allzu früh verstorbene Sven Sachsalber (1987-2020) zum „Laatscher Künstlertrio“. Ihre Erinnerungen an Esther und Sven beschreibt Julia so: „Meine Bewunderung für Esther war schon immer sehr groß. Schon als Jugendliche habe ich zu ihr aufgesehen. Als ich im Herbst 2019 aus London nach Wien zog, lud sie mich gleich zu einer Gruppenausstellung ein, ein herzliches Willkommen. Daraus entstand eine Freundschaft, die ich bis heute sehr schätze. Wenn ich an Sven denke, dann erinnere ich mich vor allem an das Jahr 2020, in dem Sven völlig unerwartet starb. Wenige Wochen zuvor hatten wir uns zufällig auf einer Ausstellungseröffnung in Wien getroffen. Wie immer sprachen wir offen und mit Leichtigkeit über Aktuelles. Er erzählte, dass er vorübergehend in Wien bleiben wollte. Kurz darauf, auf dem Weg nach Laatsch, erreichte mich die erschütternde Nachricht von seinem Tod. Sven und ich hatten unterschiedliche Ansätze und sicher auch verschiedene Meinungen und zugleich vieles, das uns verband. Die Erinnerungen, die Nähe zu Menschen wie Sven und Esther, sind es, die einen prägen. Sie zeigen, wie wichtig Offenheit, Leichtigkeit und Menschlichkeit in allem sind, was wir tun“.

Julia Frank lebt zur Zeit in Wien und hat einen Lehrauftrag an der Fakultät für Kunst und Design in Bozen. Sie erhielt erst kürzlich den “In memoriam to Sven Sachsalber Award” und wurde mit dem Museion Public Prize ausgezeichnet. Angesprochen auf ihre Zukunftspläne und Wünsche sagt sie: “Ein genereller Wunsch ist, dass auch Menschen, die aus einer anderen gesellschaftlichen Klasse kommen, gefördert werden und alles nicht so klassenorientiert und hierarchisch ist. Und, dass man auf regionaler Ebene erkennt, dass man junge, talentierte Künstlerinnen und Künstler frühzeitig unterstützt und im Ausland fördert”.

Kunst die berührt

  • Vorspann: Im Schloss Kastelbell konnte Gerold Tappeiner, der Obmann des Kuratoriums, am 13. September die neue Herbstausstellung eröffnen. Unter dem Titel „Berührung“ werden in den fünf Räumen rund 50 Arbeiten des Künstlers Reinhold Tappeiner aus Laas gezeigt. Wie Eva Gratl, die Kuratorin und Kulturpublizistin bei der Eröffnung ausführte, wird eine Werkauswahl der letzten 25 Jahre des Künstlers präsentiert. Es sind Malereien und Grafiken zu den vier Werkzyklen: „Lichtflut“, „Essenz“, „Caput“ und „Schwingung“. Passend zur Malerei gab es Sphärenmusik von Andreas Unterholzner auf seinen E-Gitarren.
  • Dachzeile: Schloss Kastelbell/Ausstellung
  • Redakteur: Heinrich Zoderer
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Reinhold Tappeiner, geboren 1959, lebt und arbeitet in Laas. Von 1974 - 79 besuchte er die Kunstschule in Gröden und von 1979 - 83 die Accademia di Belle Arti in Urbino. Seit 1983 arbeitet er als freier Künstler und zugleich von 1985 - 2021 als Fachlehrer an der Fachschule für Steinbearbeitung in Laas. Seit 1983 zeigt er seine Werke in Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland. Die Ausstellung in Kastelbell ist ein Spiegelbild seines künstlerischen Werdegangs in den letzten Jahrzehnten. Es ist ein Suchen nach einer eigenen Kunstsprache, nach Farbe und Form, nach Identität und eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Existenz, mit der Natur, dem eigenen Körper und der Rolle des Menschen im Kosmos. Alle Bilder sind Ausdruck großer Gefühle und innerer Spannungen, es sind größtenteils abstrakte Bilder, skizzierte Körper und Köpfe, die das Innenleben spiegeln und viel Raum für Interpretationen zulassen. Es sind Farbkompositionen auf Marmorsand mit Grafiken, ausgeführt mit s20 Beruehrung2schwarzen Kohlestrichen. Im Werkzyklus Lichtflut steht die Natur, die Struktur und die Suche nach Farbbildern im Mittelpunkt. Sind es Straßen, Baumrinden, ein Geflecht, ein Gewebe oder Blutbahnen? Und wer bewegt und berührt sich auf diesen Bahnen? Der Zyklus Essenz mit den Kohlezeichnungen ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, der durch eine Krankheit nicht mehr funktioniert und nur noch daliegt, überschüttet mit Schmerzen und Ängsten. Die Frage nach der eigenen Existenz, Identität und Zukunft durchdringt den Körper und findet keine klare Antwort. Auch der Werkzyklus Caput ist eine philosophische Auseinandersetzung mit den Grundfragen des Lebens. Es geht um das Wunder Mensch, der Großartiges leisten kann, aber auch Verletzungen, tiefe Wunden und Verunsicherungen in sich trägt, oft sichtbar, oft unsichtbar. Schwingungen ist das Thema des letzten Zyklus. Alles Leben ist Schwingung, Bewegung, Veränderung in einer weiten Welt, im unendlichen Kosmos. Es ist ein optimistischer Ausblick. Alles ist offen, alles ist möglich. Wir schweben in Raum und Zeit, auf der Suche nach geistigen und körperlichen Berührungen, nach dem Sinn unseres Lebens, auf der Suche nach Glück und Frieden.

Leben retten

  • Vorspann: Organspende ist der schönste Akt der Menschlichkeit. Einerseits. Zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit, dass man ein Organ braucht, vier Mal höher als dass man als Spender eines gibt. Diese Botschaft gab Gustav Kofler am vergangenen 3. Oktober 2025 den zahlreich Erschienenen mit auf den Weg. Ein hochkarätiges Podium und viele Ehrengäste hatte Kofler, der Präsident von Nierene, ins CulturForum nach Latsch geholt.
  • Dachzeile: Vinschgau
  • Redakteur: Angelika Ploner
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Es gibt mehrere Möglichkeiten, seinen Willen zur Organspende zu deponieren: über den Hausarzt, den Sanitätsbetrieb oder über die Identitätskarte. Südtirol hat über die Möglichkeit, die Bereitschaft zur Organspende in der Identitätskarte vermerken zu lassen, viele erreicht. Wichtig ist, und das wurde mehrmals im Laufe des Abends betont: „Redet zu Lebzeiten über Organspende, aber auch über Patientenverfügung und Sachwalterschaft.“
Langwierig und schwierig ist der Weg bis man ein Organ bekommt. Martina Pedross aus Latsch, zeichnete ihren Weg zu ihrer Lebertransplantation, auf. Mit 15 litt sie erstmals unter starkem Juckreiz. Erst Jahre später, mit über 20, kontrollierte ein Hautarzt ihre Blutwerte und stellte sehr schlechte Leberwerte fest. Die Diagnose: PSC, eine Leberkrankheit bei der sich erst die Gallengänge entzünden, die Gallenflüssigkeit nicht mehr abfließen und ein Gallenstau zur Vernarbung der Leber führt. Pedross wurde zuerst in Innsbruck, später in München, wo sie in der Nähe mit ihrem Lebensgefährten wohnt, betreut. Mit 26 Jahren wurde sie auf die Transplantationsliste gesetzt. „Dann ging die Prozedur los. Alles wurde durchgecheckt, um abzuklären, ob ich gesund genug für eine Transplantation bin, aber auch, ob ich wirklich eine Leber brauche.“ Von Woche zu Woche verschlechterte sich ihr Zustand. Martina Pedross war so gelb im Gesicht, „dass ich ausschaute wie die Simpsons.“ Weit schlimmer aber war der Juckreiz. „Das war eine Qual, das Bett war vom Aufkratzen morgens blutig.“ Und trotzdem nahm sie sich vor, jeden Tag so normal wie möglich weiterzuleben, „immer in Bereitschaft, sollte das Handy klingeln und der Anruf für eine Transplantation kommen.“ Im Mai 2024 war es soweit. „Die Leber ist in einer Box gekommen“, erinnert sie sich. „Dann bin ich erst zwei Tage später aufgewacht.“ Ein Leck und eine schwere Abstoßung kamen dazu. Die Behandlung hatte Fieber und Übelkeit zur Folge. „Aber dann ging es aufwärts.“
Fachreferate von Silvia Baumgartner, Direktorin für Notfall-, Anästhesie und Intensivmedizin am LKH Bozen und Elisabeth Morandell, Ärztin an der Nephrologie am LKH Bozen flankierten die Lebensgeschichte von Pedross. Morandell: „Die durchschnittliche Wartezeit auf eine Niere beträgt 3 bis 5 Jahre.“ Silvia Baumgartner erklärte den Hirntod. Dieser ist Voraussetzung zur Organspende, ist gesetzlich genau geregelt und lässt absolut keinen Handlungsspielraum zu.
„Wir haben erlebt, dass es für viele ein kleiner Trost ist, wenn der Angehörige nicht mehr lebt, mit den Organen zumindest anderen ein neues Leben geschenkt werden kann.“ Eine Betroffene aus dem Publikum sagte: „Ein Organ ist das größte Geschenk, das man bekommen kann.“

Zusammen Brücken bauen

  • Vorspann: Bereits seit 10 Jahren gibt es den Weltladen im Zentrum von Latsch. Wie bei der Geburtstagsfeier am 10. September betont wurde, war es nie ein einfacher Verkaufsladen, sondern immer auch ein Treffpunkt mit einer Vision einer gerechteren Welt, von fairem Handel und fairen Preisen in der Welt und in der Region, eine Vision vom Zusammenleben und Brücken bauen.
  • Dachzeile: Latsch/10 Jahre Weltladen
  • Redakteur: Heinrich Zoderer
  • Redakteur Bild:

In Italien wurde der erste Weltladen 1980 in Brixen gegründet und 1985 entstand auf Initiative von Rudi Dalvai der erste Weltladen in Bozen. Dalvai unterstützte auch die Gründung weiterer Weltläden in Südtirol und Italien und wurde 2011 zum Präsidenten des globalen Dachverbandes des Fairen Handels (WFTO) gewählt. 2013 entstand das Netzwerk der Südtiroler Weltläden und seitdem ist Brigitte Gritsch die Koordinatorin der 13 Weltläden. Vor 10 Jahren hat Richard Theiner mit Gleichgesinnten die Sozialgenossenschaft Weltladen Latsch gegründet und den ersten Weltladen im Vinschgau aufgebaut. In den letzten 10 Jahren hat Dolores „Dolly“ Stecher als Geschäftsführerin mit 14 Freiwilligen den Weltladen geführt, seit Jahresbeginn ist Patrick Riedl der neue Geschäftsführer. Theiner meinte, dass im Weltladen nicht nur Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und Schmuck aus der ganzen Welt verkauft wird, sondern ganz bewusst auch Produkte von Bauern und von der Behindertenwerkstätte aus der Umgebung. Mit den Produkten werden auch Geschichten über die Lebensweise und über fairen Handel vermittelt und so eine Verbindung mit Menschen, Genossenschaften und Betrieben aus der Region und aus der ganzen Welt hergestellt. Theiner dankte den Gründungsmitgliedern, dem Verwaltungsrat, dem Raiffeisenverband, der Raiffeisenkasse und Gemeindeverwaltung von Latsch, den Konsumenten und vor allem den 14 freiwilligen Helfer:innen. Sie sind das Herzstück des Weltladens, so Theiner. Der Weltladen Latsch unterscheidet sich von den anderen Weltläden, weil dort auch regionale Produkte angeboten und außerdem eine vielfältige Vortragsreihe unter dem Motto „Anders leben, anders reisen“ veranstaltet wird. Bei der 10-Jahresfeier gab es neben ausgewählten Köstlichkeiten auch zwei Sketche von und mit Horst Saller aus Schlanders. Dabei ging es in seiner ironisch-hintergründigen Art um Gerechtigkeit, fairen Handel, das Einkaufen, Falschparken, Urlaub auf den Malediven und die neuesten Produkte der Pharmaindustrie, die uns alle glücklich machen sollten. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von der jungen Ziehharmonikaspielerin Julia Gruber aus Tarsch.