Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Bernhardin von Siena, 20. Mai 2025
Sie stammt aus den Abendnachrichten der „Zeit im Bild 1“ des österreichischen Fernsehens vom Montag, 12. Mai d.J.: Die Nachricht, dass der österreichische Wald in den letzten zwei Jahren 2023 und 2024 keine Kohlenstoffsenke mehr darstellt, sondern zum Kohlenstofftreiber geworden ist. In Zeiten von Nachrichtenüberflutung sollte diese Meldung nicht untergehen, sondern aufhorchen lassen. Als Begründung der Wirkungsumkehr von Kohlendioxid-Bindung in Kohlendioxid-Emission vor allem im österreichischen Fichtenwald wurden im Fernsehen zwei Gründe genannt: der Klimawandel und der Schädlingsbefall durch den Borkenkäfer.
Die beiden großflächigen Waldbrände der letzten Wochen und Monate bei uns im Vinschgau am Sonnenberg bei St. Martin im Kofel und am Prader Berg zwischen Agums und Stilfs sind ein weiterer Grund, warum ich meinen heutigen Beitrag auf diesen Seiten dem Wald widme: In unseren Alpentälern ist der Wald auch als Schutzwald für uns Bewohner überlebenswichtig.
Bisher galten und gelten – weltweit betrachtet - die Wälder neben den Ozeanen als die größten Kohlenstoffsenken. An immer mehr Orten kehrt sich diese für die Abpufferung des Klimawandels so bedeutsame Funktion der Wälder um. Umso mehr müssen wir uns der vielfältigen Funktionen des Waldes bewusst sein oder sie uns wieder stärker bewusst machen. Die Anstrengungen der Forstbehörde auch in Südtirol, unseren Wald zu erhalten, gesund zu erhalten und klimafit zu machen, sind in einem ökologischen Kontext sinnvoll, notwendig, nachhaltig und zukunftsorientiert. Der angestrebte baumartenreiche und naturnahe Wald ist dabei ökologisch stabiler als etwa die in Deutschland die vielerorts angelegten Fichtenforste. Mit dem Anlegen von sogenannten Ökozellen in den Schwarzföhren-Aufforstungen am Vinschgauer Sonnenberg werden vom Forstinspektorat Schlanders und von den angeschlossenen Vinschgauer Forststationen schon seit Jahren Mosaikbausteine für einen artenreicheren Mischwald gesetzt. Dieser Mischwald wird uns mittel- und langfristig auch von der Plage der Prozessionsspinner wegbringen.
Die Fichte – die Hauptbaumart Südtirols
Nach heutigen Erkenntnissen wird die Fichte als Baumart in bestimmten Gebieten etwa des Alpenvorlands und der Tiefebenen eine Verliererin des Klimawandels sein. Sie veratmet sich. Dazu weiter unten.
Im Südtiroler Wald bildet die Fichte (Picea abies) die Hauptbaumart: Mit einem Anteil von 61% Holzvorrat ist die Fichte die häufigste Baumart der Wälder in unserem Land. Die Lärche (Larix decidua) hat Südtirol-weit einen Anteil von 19%, gefolgt von der Rotföhre (Pinus sylvestris) mit 10% und der Zirbe (Pinus cembra) mit 6%.
Atmung und Photosynthese
Es ist Allgemeinwissen, dass Kohlendioxid neben Methan und Lachgas zu den Treibhausgasen gehört, welche unsere Erde seit der Verbrennung von fossilen Energieträgern aufheizen. Ein Prozess, in welchem Bindung von Kohlendioxid aus unserer Luft stattfindet, ist die Photosynthese der grünen Pflanzen. Neben dem Chlorophyll in den Pflanzenblättern braucht die Photosynthese noch zwei weitere Voraussetzungen: Sonnenlicht und Wasser. Photosynthese findet daher nur bei Tag statt, in der Nacht erlischt sie. In den chemischen Prozessen der Photosynthese werden Kohlendioxid und Wasser zu Zucker und Sauerstoff umgebaut. Eines der Produkte der pflanzlichen Photosynthese ist also auch unser Atemgas Sauerstoff.
Nicht nur Tiere und Menschen atmen, sondern auch die Pflanzen. Während Photosynthese nur bei Tag stattfindet, läuft die Atmung auch der Pflanzen bei Tag und in der Nacht. Den Energieüberschuss als Positivsaldo zwischen Photosynthese und Atmung investieren die Pflanzen in ihre Betriebs- und Baustoffe, sprich in ihr Wachstum.
Die Fichte – eine Verliererin im Klimawandel
Und damit zurück zur Fichte: Sie zeichnet sich als Verliererin des Klimawandels ab. Prognosen der Forstexperten besagen, dass sie aus den Forsten der tiefen Lagen und aus den Wäldern der Voralpen im Süden und im Norden allmählich verschwinden wird und nur in den höheren Lagen der Zentralalpen waldbildend bleiben wird. Der Grund: Der Fichte wird es zu warm. Im Hitzestress ist ihre Atmungsaktivität hoch, höher als im kälteren Klima. Was für Bau- und Betriebsstoffe, also auch den Holzzuwachs zur Verfügung steht, ist die sogenannte Nettophotosynthese. Die Nettophotosynthese ist die Differenz zwischen Bruttophotosynthese minus Atmung. Das Wachsen bzw. Überleben der Fichte als Waldbaum einmal als Energiebilanz in einen Satz gepresst: Wenn die nachts und tags ablaufende Atmung hoch wird, bleibt von der nur tags stattfindenden Photosynthese netto weniger übrig. Die Fichte veratmet sich und kommt an ihre Überlebensgrenze.
Die Forstexperten vermuten, dass sich die Fichte aber in den höheren, kühleren Lagen der Zentralalpen halten wird.
Erhöhte Verdunstung
Nach Einschätzung der Pflanzenphysiologen steigt mit der Erwärmung der Erde auch die Verdunstung der Pflanzen. Quantifizierende Angaben von einem Mehr an Wasserabgabe von 15 % kann man in der Fachliteratur lesen. Eine höhere Verdunstungsrate bedeutet auch einen höheren Wasserverbrauch der Pflanzen. Gleichzeitig verknappt in weiten Teilen der Erde das verfügbare Süßwasser. In weiten Teilen Afrikas beidseits des Äquators wird nach Prognosen der Fachwissenschaft ein Anbau von landwirtschaftlichen Nutzenpflanzen kaum noch möglich sein. Mit großen Ernteausfällen ist zu rechnen. Neben zu befürchtenden Dürren ist auch eine Häufung von Extremwetterereignissen zu erwarten. Extreme Wetterereignisse, welche bisher nur in Häufigkeiten von Jahrhunderten auftraten, treten jetzt schon in Häufigkeiten von Zehnerjahren auf. Unter Meteorologen und Klimatologen wird etwa auch der geografische Raum rund um das Mittelmeer als besonders anfällig für Extremwetterereignisse eingestuft. Mit der Erwärmung der großen Wassermassen in den Weltmeeren steigt das zerstörerische Potential von Wolkenbrüchen aus wasserschwangeren Wolken und die Gefahr von Extremniederschlägen und Überschwemmungen.