„Ich spüre die Musik“

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Leidenschaftich erzählt der 90jährige Prof. Herbert Paulmichl von der Musik Leidenschaftich erzählt der 90jährige Prof. Herbert Paulmichl von der Musik

Prof. Herbert Paulmichl, einer der größten Komponisten und Organisten für Chor-, Orgel- und Kirchenmusik, ist 1935 in Stilfs geboren und lebt heute in Bozen. Mit seiner Frau Zita Tappeiner aus Schlanders teilte er seine große Liebe zur Musik. Für ihn ist Beethoven einer der bedeutsamsten Komponisten mit einem unbegreiflichen Talent. In der heutigen modernen „schreienden“ Musik vermisst er das Sanfte und Weiche.

von Christine Weithaler

Professor Herbert Paulmichl wurde 1935 als neuntes von zehn Kindern in eine musikalische Lehrerfamilie hineingeboren. Schon als Kind beruhigte ihn das Hören von klassischer Musik und das Singen seiner Mutter. Von seinem Vater erhielt er den ersten Klavier- und Orgelunterricht. Er war auch Schüler von Angelo Alverá und Josef Knapp. Herbert spielte als Kind Fußball, zuerst als Mittelstürmer, dann als Torwart. Zu der Zeit kam auch der „Giro di Italia“ nach Südtirol. Der junge Bub war ein großer Fan, ahmte dieses Spektakel nach, indem er viel mit dem Rad unterwegs war. Mit elf Jahren fuhr er nach Meran und kaufte sich im Musikgeschäft Munter den Klavierauszug der Oper „La Traviata“ von Giuseppe Verdi um 300 Lire. Am darauffolgenden Tag startete er alleine mit dem Rad von Stilfs nach Verona zur Aufführung der Oper. Im Rucksack hatte er Speck, Käse, Brot, Wasser und natürlich den Klavierauszug. Nach einigen Tagen kam er wohlbehalten an und erwarb ein Ticket um 500 Lire. Er verfolgte mit Begeisterung die Aufführung und stellte sich vor: „So muss es wohl im Himmel sein.“ Ein Jahr darauf fuhr er mit seinem Bruder und dessen Vespa wieder nach Verona. So wiederholte sich der Ausflug jährlich. Mit jedem Jahr kamen weitere Musikbegeisterte dazu und die Fahrzeuge wurden größer.
Paulmichl besuchte das Gymnasium Vinzentinum in Brixen und studierte anschließend drei Jahre lang Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen. Herbert brachte mutig seine Meinung in den Unterricht ein, verteidigte seine Mitschüler, auch wenn er dafür in das Büro des Direktors zitiert wurde. Der Schüler hatte Verbindungen zu Jürg Jegge, Primarlehrer in Embrach im Zürcher Unterland. Dieser riet ihm, Kirchenmusik zu studieren. Herbert absolvierte die Kirchenmusikakademie in Regensburg und die Musikhochschule München. 1967 schloss er sein Studium mit dem Staatsexamen ab.
Durch seine Schwester lernte er Zita Tappeiner aus Schlanders kennen. Sie heirateten im Wallfahrtskirchlein Maria Hl. Drei Brunnen in Trafoi. Julius Grasser begleitete das Hochzeitsmahl in Spondinig musikalisch. Das Ehepaar bekam zwei Söhne. Zita, eine gute Köchin, wie Herbert sagt, umsorgte die Familie und teilte mit ihm seine große Liebe zur Musik. Verschiedenste Kompositionen für sie waren seine Liebesbriefe. Sie selbst spielte Geige, Blockflöte und sang im Chor. Gemeinsam verbrachten sie ihren Urlaub in einem Ferienhaus am Issinger Weiher, am Gardasee und in Schlanders. Überall hat er ein Klavier zum Üben und Komponieren bereit.
Von 1975 bis 2003 war er Dozent für Kirchenmusik am Staatlichen Musikkonservatorium „Claudio Monteverdi“ in Bozen, sowie Kapellmeister, Organist und Chorleiter am Bozner Dom. Mehrere Jahre lang war er auch Musiklehrer an der Kindergärtnerinnenschule in Bozen, unterrichtete evangelische Mädchen und war Leiter des Jugendchores mit 30 Mitgliedern. Davon entwickelten sich 12 Liebespaare, die später heirateten. Paulmichl spielte für die Bischöfe Geisler, Gargitter, Egger, Golser und Muser.
Heute wie früher bittet er tiefgläubig bei schwierigen Entscheidungen in Wallfahrten um Rat. So auch zweimal 1985. Prof. Paulmichl nahm am Wettbewerb um die Domkapellmeisterstelle am Salzburger Dom teil, gewann ihn, trat die Stelle jedoch nicht an.
Für seine umfangreiche kompositorische Tätigkeit für Orgel und Chor erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Wettbewerbspreise im In- und Ausland. Viel schrieb er im Auftrag, meist sollten es leichte, charakteristische Stücke sein.
Heute lebt der aktive 90-jährige Ehrenbürger von Stilfs autonom in Bozen. Im Herzen ist er Vinschger geblieben. Gerne ist er in der Natur und hört auf das Zwitschern, das Musizieren der Vögel. Er sagt: „Mit geschlossenen Augen hört man besser.“ Er ist kein Freund von den vielen Lichtern in der Stadt und dem lauten Trubel der heutigen Zeit. Täglich spielt Herbert Musik und arbeitet an alten und neuen Werken. Er macht täglich einen Spaziergang und liest bei einem Kaffee in den Tageszeitungen. Ihn interessiert die Kultur- und Weltgeschichte, Geschichte im Allgemeinen. Er besitzt drei Orgeln und drei Cembalos. Der Professor spielt die Werke zuerst auf dem Cembalo, so fällt ihm das Spielen auf der Orgel danach leichter. Er spürt sich in die Töne hinein, für ihn ist jeder Ton Musik und er ist ein Freund von gehaltvollen Stücken. Der Organist geht in den Erzählungen von den Instrumenten und dem Musizieren in Begeisterung auf und man sieht ihm seine Leidenschaft an. Seine Frau Zita verstarb 2018 und ist in Schlanders begraben. Heute verbringen seine Söhne mit ihm den Urlaub am Gardasee oder im Ferienhaus am Issinger Weiher. Er freut sich über fünf Enkelkinder, die ebenfalls musikalisch sind. Die Musik begleitet Professor Herbert Paulmichl schon sein Leben lang und hoffentlich noch einige Zeit.

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