Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Benedikt, 11. Juli 2025
In den letzten Tagen ist der Südtiroler Agrar- und Forstbericht 2024 veröffentlicht worden. In meinem heutigen Beitrag fasse ich daraus die wesentlichen Inhalte aus dem Bericht des Landesamtes für Wildtiermanagement zusammen. Das Amt für Wildtiermanagement gehört in der Südtiroler Landesverwaltung zur Abteilung Forst-, Alm- und Bergwirtschaft. Laut den Autoren des Berichtes über das Wildtiermanagement ist die aktuelle Wildsituation und somit auch das Wildmanagement auf das primäre Ziel ausgerichtet, die Natur, aber auch die Land- und Forstwirtschaft und im Allgemeinen die menschlichen Tätigkeiten zu schützen und zu verbessern.
Management geschützter Wildarten
Der Großteil der in Südtirol vorkommenden Wildarten unter den Säugetieren und Vögeln ist geschützt und nicht jagdbar. Ein besonderes Augenmerk im Monitoring gilt den seltenen und gefährdeten Arten in den Schutzgebieten wie dem Nationalpark Stilfserjoch, den sieben Landesnaturparken, den Biotopen und Natura-2000-Gebieten.
Nach dem Beginn des Wiederansiedlungsprojektes von Bartgeiern (Gypaetus barbatus) im Alpenbogen im Jahr 1986 kam es 11 Jahre danach 1997 zur ersten Naturbrut von freigelassenen Bartgeiern. Inzwischen gibt es in der westlichen Landeshälfte 6 Brutpaare (5 im Vinschgau und 1 im Passeiertal). 4 dieser 6 Bartgeier-Paare haben jetzt im Frühsommer 2025 ihren Jungvogel erfolgreich bis zum Ausfliegen aufgezogen. Das Marteller Paar hat in 11 Jahren jedes Jahr gebrütet und jedes Jahr ist sein Jungvogel auch flügge geworden. Mit diesem 100-prozentigen Aufzuchterfolg gehört das Marteller Bartgeierpaar zu den Spitzenreitern alpenweit.
Der Steinadler (Aquila chrysaetos) kommt Südtirol-weit auf mindestens 70 Brutpaare. Seine Lebensweise wird in einem Projekt mit der Schweizerischen Vogelschutzwarte und dem Max-Planck-Institut über besenderte Adler studiert.
Der Uhu (Bubo bubo) ist hauptsächlich im Etschtal und im unteren Eisacktal verbreitet. Leider gibt es immer wieder anthropogen bedingte Verluste, etwa durch Stromschlag an Mittelspannungsleitungen.
Vom Graureiher (Ardea cinerea) sind inzwischen Nachweise bis in die Bergtäler Südtirols vorliegend. In den Haupttälern befinden sich einige Brutkolonien.
Das Auerhuhn (Tetrao urogallus) nimmt in Südtirol ab. Eine jüngste Überprüfung der Balzareale in den westlichen Bezirken hat gezeigt, dass viele Balzplätze verwaist sind. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, in der Regel sind sie menschlich bedingt, können aber auch mit den natürlichen Schadensereignissen der letzten Jahre einhergehen.
Demgegenüber erweisen sich die Großen Beutegreifer Braunbär (Ursus arctos) und Wolf (Canis lupus) als sehr anpassungsfähig. Sie erobern Lebensräume zurück, nicht konfliktfrei.
Bären in Südtirol
Wie bereits in den vorausgehenden Jahren hat sich 2024 die Präsenz der Braunbären in Südtirol deutlich verringert. Lediglich im südwestlichen Landesteil, welches als Durchzugsgebiet eingestuft wird, konnten erneut einzelne Nachweise gesammelt werden. 2024 konnten in der Provinz Bozen 4 männliche Bären genetisch nachgewiesen werden. Es handelt sich um die Bären M75 (Geburtsjahr 2020), M99 (Geburtsjahr 2022), M 104 (Geburtsjahr 2023) und M 105 (Geburtsjahr 2022). Der zeitlich früheste Nachweis eines Bären erfolgte für M75 Mitte März im Gebiet von Ritten – Villanders. Dieser Bär hat bereits zum zweiten Mal in Südtirol überwintert. Die zwei Bären M 99 und M 104 konnten anhand von Kotproben im Gemeindegebiet von Eppan nachgewiesen werden. Der letzte Nachweis eines Bären im Jahr 2024 konnte im Gebiet von Prad gesammelt werden. Dort wurde Mitte Dezember ein Tier anhand von Spuren im Schnee bestätigt.
In den letzten 24 Jahren konnten in der Provinz Bozen anhand genetischer Nachweise 39 Bären genetisch erhoben werden. Bisher waren es mit Ausnahme der Bärin Vida allesamt männliche Bären. Die Jahre mit der größten Bärendichte waren die Jahre 2011 und 2013 mit jeweils 7 Tieren.
Der Wolf breitet sich weiter aus
Südtirol-weit konnten im Jahr 2024 mindestens 36 verschiedene Wölfe genetisch erhoben werden. Davon waren 20 männliche und fünfzehn weibliche Tiere. Bei einem weiteren Individuum ergab die genetische Analyse kein vollständiges Ergebnis. 34 Tiere stammen aus der italienischen Wolfspopulation, 2 Tiere hingegen aus Osteuropa. Von den 36 erhobenen Wölfen wurden 14 Tiere bereits in den vorhergehenden Jahren bestätigt.
Hinsichtlich der Anzahl von Wölfen im Jahr 2024 kann in Südtirol wahrscheinlich von einer Mindestzahl von mehr als 72 Individuen ausgegangen werden. Anhand der gesammelten Nachweise und nach Absprache mit den Nachbarprovinzen konnten in Südtirol 9 Wolfsrudel bestätigt werden. Vier dieser Rudel haben ihr Territorium hauptsächlich in der Provinz Bozen, bei den restlichen fünf Rudeln handelt es sich um provinzübergreifende Rudel. Weiters wurden 6 Paare nachgewiesen (2 aus der Provinz und 4 provinzübergreifende Paare).
Für Schäden durch Wolfrisse an Nutztieren wurden im Jahr 2024 48.940,00 Euro aus dem Südtiroler Finanzhaushalt aufgewendet.
Zwei Wölfe sollten laut Ermächtigung von Landeshauptmann Arno Kompatscher vom 9. August 2024 im Gemeindegebiet von Mals (Planeil) und Graun entnommen werden. Tierschutzaktivisten rekurrierten vor dem Verwaltungsgericht gegen die Abschussermächtigung und das Dekret wurde mittels Verfügung des Gerichtspräsidenten vom 14. August 2024 ausgesetzt, in Erwartung einer ausführlichen Bewertung.
Management invasiver Wildsäuger
Auf europäischer und italienischer Ebene gibt es eine Liste gebietsfremder invasiver Tierarten, deren Auftreten schwerwiegende negative Auswirkungen hat und weswegen sie eingedämmt und wenn möglich völlig eliminiert werden sollen. In Südtirols Süden wandert zuweilen die Nutria (Myocastor coypus) ein. In den letzten Jahren gab es auch vereinzelt Nachweise vom Marderhund (Nyctereutes procyonoides) und vom Waschbären (Procyon lotor).
Management jagdbarer Wildarten
Unter den jagdbaren Huftieren in Südtirol ist das Reh (Capreolus capreolus) am häufigsten. Im Jahr 2024 wurden Südtirol-weit insgesamt 7.838 Stück Rehe geschossen. Damit wurde die Abschussplanung zu 92% erfüllt.
Die Gämse (Rupicapra rupicapra) ist in manchen Landesteilen wegen der Räude weniger zahlreich, kommt aber dafür auch in tiefen Lagen des Etsch- und Eisacktales vor. 2024 wurden 298 räudetote Tiere aufgefunden, was einem Anstieg von 24% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Jagdstrecke lag beim Gamswild 2024 landesweit bei 2.867 Stück, was einem Erfüllungsgrad von 87% der Abschussplanung entspricht.
Das Rotwild (Cervus elaphus) kommt im ganzen Land flächendeckend vor und ist weiterhin in starker Ausbreitung, sowohl in den Kerngebieten als auch in den Randgebieten. Die Abschusspläne wurden in den vergangenen Jahren stetig angehoben, auch um der festgestellten Wildschäden Rechnung zu tragen. Im Jagdjahr wurden Südtirol-weit insgesamt 4.439 Stück Rotwild erlegt, womit 90% des landesweiten Abschussplanes erfüllt wurden.
Gelegentlich streunen Wildschweine (Sus scrofa) in Südtirol ein. Mit insgesamt 8 Abschüssen (allesamt Keiler) kamen 2024 weniger Wildschweine zur Strecke als im Vorjahr (5 Stück 2023).
Im benachbarten Fassatal besteht schon seit langem ein Vorkommen des Mufflons (Ovis musimon). Von dieser Population wechseln immer wieder einige Individuen in das Rosengartengebiet. Diese nicht heimische, allochthone Wildart ist ökologisch problematisch und steht mit anderen Wildtierwiederkäuern in Konkurrenz. Deswegen werden diese einwechselnden Tiere abgeschossen.
Laut Jahresbericht 2024 der Wildbeobachtungsstelle hat sich der Feldhase (Lepus europaeus) erholt und findet in den Obstanlagen ein günstiges Habitat für seine Ansprüche. In geringer Dichte steigen Feldhasen immer höher in das Gebirge und damit in den Lebensraum der Schnee-
hasen auf. Forschungen an der Universität für Bodenkultur in Wien haben ergeben, dass durch Hybridisierung unter den beiden Arten das genetische Gut des Schneehasen gefährdet wird. Die Jagdstrecke an Feldhasen betrug in Südtirol 2024 insgesamt 1.598 Stück.
Steinbock (Capra ibex) und Murmeltier (Marmota marmota) dürfen in Südtirol auf der Basis von artspezifischen Managementplänen in bestimmten Stückzahlen bejagt werden. Den rechtlichen Rahmen dazu bietet das Legislativdekret vom 11. Dezember 2016 Nr. 240 als Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut.
Der Steinwildbestand in Südtirol wird mittlerweile auf 2.000 Stück angesetzt. Das Management sieht neben einer vorsichtigen jagdlichen Nutzung auch den Fang zur Markierung und die Entnahme zur Wiederansiedlung in kleinen Steinwildpopulationen vor. Im Frühjahr 2024 gelangen insgesamt 13 Fänge. Darüber hinaus wurden in der Kolonie Weißkugel 8 Individuen im Rahmen des Interreg Projektes Terra Raetica zur wissenschaftlichen Forschung besendert. In der Metapopulation zwischen Reschen und Brenner wurden 2024 insgesamt 24 Stück Steinwild abgeschossen. In der Kolonie Sesvenna waren es 4.
Der Südtiroler Bestand an Murmeltieren wird auf 57.000 Tiere geschätzt. Auf der Basis des Managementplanes kamen landesweit 1.340 Murmeltiere zur Strecke, wobei rund die Hälfte im Bereich untergrabener Infrastrukturen und Mähwiesen mit erheblichen Grabschäden erlegt wurden.
Seit 2008 wird ein systematisches Monitoring der Hühnervögel durchgeführt. Die alljährlichen Zählungen von Birkhuhn (Lyrurus tetrix), Schneehuhn (Lagopus muta) und Steinhuhn (Alectoris graeca) auf ausgewiesenen Probeflächen sind Grundlage für die Abschussplanung. Diese Zählungen finden zur Balzzeit statt. Bei den Schneehühnern erfolgt eine Sommerzählung mit Vorstehhunden. Beim Birkhuhn wird der Frühjahrsbestand auf 7.300 Vögel geschätzt, 2024 wurden 458 zum Abschuss freigegeben und 303 davon erlegt.